Wien - Als hätte der Flughafen Wien mit dem Terminalprojekt Skylink nicht genug Probleme, sorgt jetzt ein
offener Brief eines anonymen Absenders für helle Aufregung: In dem Schreiben, das dem Standard vorliegt,
wird Flughafen-Vorstand Ernest Gabmann (bis vor einem Jahr Vizelandeshauptmann in NÖ, ÖVP) massiv
beschuldigt.
Gabmann habe das bisherige Management in seinem Bereich "degradiert und mit
Weisung alle Aufgaben entzogen". Ausschreibungen im Skylink, Einkauf, Buchhaltung und
Personalausschreibungen seien jetzt unter Gabmanns direkter Kontrolle. Die bisherigen Manager hätten
nichts mehr mitzureden. Wenn Manager aufmucken, kämen Klaus Schneeberger (Klubobmann der VP-NÖ) und Lukas
Mandl (ÖAAB-Generalsekretär) "und schreien mit ihm gemeinsam das gesamte schwarze Management zusammen und
rufen den heiligen Krieg gegen die SPÖ aus". Den Mitarbeitern werde zudem mitgeteilt, dass
Aufsichtsratschef Christoph Herbst "nichts zu melden hat" und sie jeden rausschmeißen sollten, "der den
noch einmal anruft".
Acht Fragen
Herbst, vom Standard mit dem Schreiben
konfrontiert, sagte, er habe Gabmann am Wochenende schriftlich acht Fragen gestellt und ihm für die
Beantwortung bis Montag Zeit gegeben. Herbst, Anwalt im Zivilberuf und ein enger Vertrauter von
NÖ-Landeschef Erwin Pröll, schloss Konsequenzen für Gabmann nicht aus - und er dürfte von dem
Ex-ÖVP-Politiker eine eidesstattliche Erklärung verlangen, dass die Vorwürfe allesamt unrichtig seien.
Gabmann, der seit einem Jahr im Flughafen-Vorstand sitzt, bekam von Herbst bis allerspätestens
Montagabend Zeit zu antworten. Nachgefragt wird auch, ob es stimmt, dass Gabmann eine Büroeinrichtung für
35.000 Euro kaufte, die nun, weil sie offenbar doch nicht gefiel, im Keller stehe.
Flughafen-Insider berichten, dass zwischen Gabmann und Herbst seit geraumer Zeit Eiszeit herrsche.
Gabmann wollte, so ist zu hören, einen externen Personalberater engagieren, der die Personalauswahl für
den Flughafen machen sollte. Herbst habe das allerdings untersagt.
An Rechnungshofpräsident
Josef Moser (der RH prüft Skylink) appelliert der Flughafen-Insider, auch die privaten Geschäfte Gabmanns
in Schrems und die Auftragsvergabe beim Skylink zu hinterfragen. "Gabmann arbeitet nur in die eigene
Tasche." Der Standard distanziert sich ausdrücklich von den Anschuldigungen. Gabmann wies die Vorwürfe
deutlich von sich.
SPÖ bleibt nicht verschont
Auch die SPÖ wird in dem Schreiben
nicht verschont: Wiens Bürgermeister Michael Häupl habe Flughafensprecher Herbert Kaufmann "zur lebenden
Leiche gemacht". Kaufmann lähme den gesamten Betrieb. Keine Entscheidung werde getroffen, "nicht einmal
die kleinste". Wien und Niederösterreich sind mit zusammen 40 Prozent die Hauptaktionäre des
börsennotierten Airports. Eine vorzeitige Ablöse Kaufmanns schien heuer schon auf Schiene, wurde
allerdings aus Angst vor möglichen Auswirkungen auf die Wiener Wahl wieder abgeblasen. Kaufmanns Abgang
wurde verschoben, wahrscheinlicher Take-off nun: das Jahresende. Weil die Vorstandsverträge erst 2009 um
fünf Jahre verlängert wurden, würde Kaufmann die volle Laufzeit ausbezahlt bekommen. (Claudia Ruff, DER
STANDARD, Print-Ausgabe, 3.5.2010)