Die markanten Twin-Towers der
skandalumwitterten Immofinanz am Wienerberg haben den Besitzer gewechselt – unter ziemlich
undurchsichtigen Umständen
Das Phantom vom Wienerberg
Die Immofinanz verkauft ihre
Landmark-Hochhäuser, die Twin Towers im Süden der Stadt. Sie tut das vermutlich nicht freiwillig. Denn
viel mitzureden hat das Unternehmen bei seinen eigenen Geschäften nicht mehr.
Bumm! Jetzt hat
die Immofinanz im Juli doch tatsächlich die Twin Towers abgestoßen – noch dazu ausgerechnet an die eigene
Tochter S Immo. Die Transaktion dürfte eine konzertierte Aktion mit dem Ziel gewesen sein, Geld aus
Österreich abzuziehen und der neuen Mutter von Immofinanz und S Immo zukommen zu lassen, der CPI Property
Group. Vielleicht hatte die Immofinanz dabei selber also gar nicht so viel mitzureden.
Die CPI
Property Group sitzt offiziell in Luxemburg, 40, Rue de la Vallée, stammt aber eigentlich aus Tschechien.
Ihr Gründer Radovan Vítek gilt als gleichermaßen umtriebiger wie undurchsichtiger Milliardär. Als „ein
Phantom” mit „brachialen Geschäftsmethoden” und einen der größten „Immobilienbesitzer Europas” beschreibt
ihn das deutsche Handelsblatt.
Vítek hat offiziell keine Funktion bei CPI PG inne, aber er
ist zweifelsohne deren Chef. Zwischenzeitlich gehörte ihm auch die tschechische Sazka-Gruppe, die
wiederum 2020 in Österreich die teilstaatlichen Casinos Austria mehrheitlich übernahm. Ein zypriotisches
Gericht hat im Mai 2023 angeordnet, einen Teil von Víteks Vermögens einfrieren zu lassen, da der Verdacht
im Raum stand, er könnte Geschäftspartner geschädigt haben. Der Unternehmer hat das stets
zurückgewiesen.
Die Immofinanz und deren früheren Mitbewerber S Immo hat Vítek 2022 gekauft.
Die beiden Gesellschaften besitzen Immobilien im Wert von knapp zehn Milliarden Euro, in Österreich,
Deutschland und Osteuropa.
Vor allem die Immofinanz war immer ein bisschen mehr als nur ein
Immobilienkonzern. Sie war es gewesen, die 2004 dem Staat 600.000 Buwog-Wohnungen um 961 Millionen Euro
abkaufte und damit die Buwog-Affäre auslöste, die das Ende des damaligen Finanzministers Karl-Heinz
Grasser besiegelte. Ein Gericht hat Grasser mittlerweile zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Es sah es
als erwiesen an, dass er die Buwog-Angebote der Konkurrenz an die Immofinanz durchgestochen hatte - und
sich sowie zwei andere Personen dafür mit knapp zehn Millionen Euro Schmiergeld zahlen ließ.
Auf das Schmiergeld gestoßen waren die Finanzbeamten, als sie bei der Immofinanz 2009 wegen
Anlagebetrugs ermittelten (dabei verloren 100.000 Anleger letztlich fast sechs Milliarden Euro, der
frühere Immofinanz-Vorstand Karl Petrikovics wanderte ins Gefängnis).
Nach dem Buwog-Skandal
war die Immofinanz das Entertainment des Investors Ronny Pecik, der bis Juni 2021 als Miteigentümer und
Mitglied des Vorstands fungierte. Pecik wiederum nestelte bei der Volkspartei herum und verborgte seinen
Fuhrpark an Luxusautos unter anderem an Thomas Schmid, den ehemaligen Generalsekretär und jetzigen
Kronzeugen in den ÖVP-Korruptionsaffären.
Dass die Immofinanz mit den Twin Towers ihr
Aushängeschild jetzt intern weitergegeben haben, wird offiziell mit Floskeln erklärt: „Gemeinsam mit der
S IMMO heben wir weiterhin Synergien und Effizienzgewinne, von denen letztlich alle Stakeholder
profitieren”, erklärte Pavel Měchura, Mitglied des Vorstands der Immofinanz.
Das ist
einigermaßen vage. In der Immo-Branche stieß der Deal denn auch auf Verwunderung. Unklar bleibt, warum
die S Immo einen 25 Jahre alten Büroturm in Wiener C-Lage kauft, der keinen modernen Umweltstandards
entspricht und wohl nicht hochpreisig vermietet werden kann. Selbst die nüchternen Analysten der
Deutschen Bank schrieben im Juli von „eingeschränkter Transparenz bei konzerninternen Transaktionen”.
Ging es dabei darum, Geld aus Österreich nach Tschechien abzuziehen? Darauf deutet zumindest die
zeitliche Abfolge hin.
Im Dezember 2022 kaufte die Immofinanz ihrer eigenen Mutter CPI PG die
Mehrheit an der S Immo ab. Die Immofinanz zahlte dafür 337,5 Millionen Euro. Dieses Geld leiht sie sich
von CPI PG in Form eines Kredits.
Im Februar 2023 kündigte die S Immo an, der Immofinanz die
Twin Towers und weitere Objekte am Wienerberg abkaufen zu wollen. Das Geld dafür hatte die Immo S
ihrerseits durch Veräußerung von Wohnimmobilien in Deutschland.
Am 11. Juli 2023 gab die
Immofinanz die Twin Towers dann um 116,4 Millionen Euro (nach Abzug der Schulden) an die S Immo weiter.
Und wofür hat die Immofinanz das Geld verwendet? „Die IMMOFINANZ (sic!) hat die Verkaufserlöse
vollständig für die vorzeitige Rückführung der Kreditfazilität verwendet, welche von der Konzernmutter
CPIPG an die IMMOFINANZ gewährt wurde”, heißt es dazu aus dem Konzern.
Die Immofinanz,
einstiges privatwirtschaftliches Vehikel für österreichisch-politisches Einflussgebahren, ist längst mit
Vítek-Gefolgsleuten eingefärbt. Sie wird früher oder später sehr wahrscheinlich mit der S Immo
verschmolzen werden. Dann kämen auch die beiden glanzlos gewordenen Trophäentürme am Wienerberg zu ihr
zurück. Wobei: Die Verwaltung und Vermietung der Gebäude sind - unüblicherweise - trotz Verkauf bei der
Immofinanz geblieben. Nur das Geld ist in Tschechien.
Für die Halter von Aktien im
Streubesitz - immerhin sind das 19,3 Prozent der Anteile und darunter viele private Anleger - gab es dann
für 2022 auch keine Dividende. Im Rahmen einer „sorgfältigen und umsichtigen Finanzpolitik”, wie es aus
dem Konzern hieß.
Man kann es auch so sagen: Bei der Immofinanz bleibt weiterhin einiges wenig
nachvollziehbar. Nur sind jetzt keine Österreicher mehr am Zug.