Österreich derzeit bei knapp 10 %
Kreislaufwirtschaft Erste Studie im Auftrag der ARA zeigt "Circularity Gap" auf
Österreichs Wirtschaft ist zu 9,7% zirkular. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von „Circle
Economy“ im Auftrag der Altstoff Recycling Austria (ARA), bei der zum ersten Mal weltweit für eine
nationale Volkswirtschaft der so genannte „Circularity Gap“ berechnet wurde - die „Lücke“ in der
Kreislaufwirtschaft. Um diese sukzessive zu schließen, fordert die ARA einen Ausstieg aus fossilen
Energieträgern, Design for Recycling auch für Gebäude und langlebige Produkte, den Ausbau von Recycling
sowie Forschung und internationale Technologiepartnerschaften mit den „CO2-Importländern“ .
„Wir haben mehr erwartet“, bringt ARA-Vorstand Christoph Scharff im Rahmen der Studienpräsentation in
Wien das Ergebnis auf den Punkt. Zum Vergleich: Die Weltwirtschaft ist zu 9,1 % zirkular. Dieses Ergebnis
wurde 2018 beim Weltwirtschaftsforum in Davos von der holländischen Plattform Circle Economy der
Öffentlichkeit präsentiert. Allerdings, so Scharff, gelte es, für Österreich die richtigen Schlüsse zu
ziehen: „Eine Volkswirtschaft, die - direkt oder indirekt, das heißt über importierte Waren - stark auf
fossile Energieträger setzt, kann nicht zirkular sein. Eine wachsende Volkswirtschaft, die Güter
akkumuliert, die erst in Jahren zurück in den Kreislauf kommen, kann ebenfalls nicht zirkular sein. Und
eine stark importierende Volkswirtschaft, die den Fußabdruck der Importgüter mittragen muss, kann auch
nicht zirkular sein.“
Mit einer Recyclingquote von 58 % des Siedlungsabfall liegt Österreich
im EU Spitzenfeld. Betrachtet man allerdings den gesamten Ressourcenverbrauch aus Metallen,
Mineralstoffen, Biomasse und fossilen Energieträgern von 424 Mio. t, sinkt dieser Wert auf 9,7 %. 55 %
des Ressourcenverbrauchs Österreichs entstehen durch Importe jenseits der Landesgrenzen. Die größten
Verbraucher sind Mobilität einschließlich der Verkehrsinfrastruktur und Konsumgüter mit zusammen rd. 46
%.
„Kreislaufwirtschaft ist eine umwelt- und rohstoffpolitische Priorität der Europäischen
Union und ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. Wir wollen mit dieser Studie die Kreislaufwirtschaft
messbar machen. Nur so kommen wir zu den richtigen Prioritäten und können den Fortschritt messen,“
erläutert Christoph Scharff die Motivation der ARA. Mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern,
forciertem Recycling, der Wiederverwendung von Bauten und Baustoffen bei
Infrastruktur-Erhaltungsmaßnahmen sowie einer deutlichen Verbesserung des Recyclings in den
Herkunftsländern ließe sich die Zirkularität der heimischen Volkswirtschaft auf über 37 %
vervierfachen.
Weltweit erste Berechnung für nationale Volkswirtschaft
Der
„Circularity Gap Report – Austria“ liefert auf wissenschaftlicher Grundlage die erste Quantifizierung der
Kreislaufwirtschaft in Österreich nach den wesentlichen Rohstoffkategorien und zeigt eine Abschätzung
nach Anwendungsfeldern von Ernährung über Wohnen bis Mobilität. „Die erstmalige Berechnung einer
nationalen Ökonomie weist gegenüber der globalen Berechnung erhebliche methodische Herausforderungen auf.
Die Erde ist ein geschlossenes System. Für Österreich waren hingegen Importe und Exporte zu
berücksichtigen.“, erklärt Marc de Wit, führender Studienautor von Circle Economy, die
Berechnungsmethode. „Bei unserem Ansatz haben wir den Verbrauch stärker gewichtet. Bei bloßer Betrachtung
der Produktion könnten wir nur berücksichtigen, was in einem System produziert wird oder als fertiges
Produkt eingeht. Wir aber haben den ökologischen Fußabdruck eines Produkts entlang der gesamten
Wertschöpfungskette betrachtet und demnach auch die bei importierten Gütern aufgebrachten Ressourcen
außerhalb der österreichischen Staatsgrenzen miteinbezogen. Nur so kann der gesamte Inlandsverbrauch
korrekt und aussagekräftig in die Berechnung integriert werden .“
Zeit um gemeinsam zu
handeln
„Kreislaufwirtschaft ist weit mehr als Recycling und Siedlungsabfall:
Ressourceneffizienz, Sicherung der industriellen und agrarischen Rohstoffbasis, Lebenszyklusbetrachtung
von Produkten und Prozessen und letztlich auch Beschäftigung und Kollaboration. Österreich war stets
führend in der Abfallwirtschaft und im Recycling. Wir haben uns daher gefragt: Wo steht Österreich in der
Kreislaufwirtschaft und wir können wir unsere Zirkularität steigern? Dazu war es notwendig, Begriffe und
Bezugsrahmen wie Rohstoffe, Biomasse oder Energieträger zu klären und die Bedeutung gesellschaftlicher
Bedarfsfelder wie Wohnen, Essen, Mobilität oder Gesundheit für den Ressourcenverbrauch abzuschätzen.
Daraus lassen sich Perspektiven entwickeln und Schwerpunkte setzen. Im Kontext des EU
Kreislaufwirtschaftpakets schafft dieser Report die Basis für eine evidenzbasierte
Kreislaufwirtschaftspolitik in Österreich. Wir haben sie messbar gemacht und erste Fakten präsentiert.
Jetzt gilt es zu handeln“, unterstreicht Scharff.
Harald Friedl, Geschäfsführer von Circle
Economy, hebt die Notwendigkeit einer gemeinsamen Vorgehensweise hervor: „Was es jetzt braucht, ist eine
starke nationale Koalition bestehend aus Politik, Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in
Österreich und internationale Kooperation. Der Circularity Gap Report Austria zeigt klar, dass
Kreislaufwirtschaft in einer globalisierten Wirtschaft nur durch Fortschritte in der produzierenden und
exportierenden Volkswirtschaften möglich ist. Der vorliegende Bericht im Auftrag der ARA lässt nun
konkretes Handeln zu und das Ziel ist dabei klar: Die ‚Circularity Gap‘ soll weiter geschlossen werden.
Das geht nur, wenn alle Stakeholder an einem Strang ziehen.“