Ihre Kontostammdaten haben keine „besondere Persönlichkeitsrelevanz“
2007-07-25 15:27:00
Ein grosses Thema in Deutschland: Erscheint es einer Behörde geboten, darf sie private
Kontostammdaten heimlich abrufen. Gegen nachteilige Folgen kann man sich allerdings zur Wehr setzen.
Indes: Ein Recht, stets über Abrufe informiert zu werden, haben Sie nicht.
So das Deutsche
Bundesverfassungsgericht zu den automatischen Kontenabrufen. Dies gilt für Sie und Ihre inländischen
Konten bei einem konkreten Verdacht. Dass es so wohl kommen dürfte, hatte ich Ihnen im April 2006
angekündigt. Nur in einem Punkt untersagt das Gericht den Behörden die Schnüffelei: Sie dürfen nicht
„routinemäßig“ oder „ins Blaue hinein“ abrufen.
Das Gericht stützt sich darauf, dass
Kontenabrufe nur bei konkreten Verdachtsmomenten erlaubt seien. Wenn ein Finanzbeamter es jedoch darauf
anlegt, kann er sich solche Verdachtsmomente selbst beschaffen. Dafür genügt, dass Ihre Steuererklärung
ihm „komisch“ vorkommt. Eigentlich müsste er bei Ihnen nachfragen. Und zugleich darauf hinweisen, dass
erst dann, wenn Sie die Auskunft verweigern, Ihr Konto geprüft wird. Verspricht sich der Beamte davon
aber keinen Erfolg, kann er direkt den Kontenabruf durchführen.
Gravierende Mängel bei den
Abfragen hat der Bundesbeauftragte für Datenschutz Anfang 2006 gerügt. Neun von zehn Kontenabfragen seien
fehlerhaft. Finanzbeamte hätten vorher nicht zum Sachverhalt befragt. Rechtswidrig seien zudem
lückenhafte Dokumentationen der Vorgänge, hatte ich im Brief 1/06 berichtet.
Das beeindruckt
das Gericht nicht. Es stützt sich auf Gemeinwohlbelange von erheblicher Bedeutung. Zudem seien die
Behörden ja verpflichtet, „die Anforderungen der Rechtschutzgarantie zu beachten“. Indes: Ob Behörden
sich rechtmäßig verhalten, wird nicht wirklich kontrolliert und bleibt allgemein folgenlos.
Ich fürchte, dass die Behörden diesen Richterspruch eher als Freibrief für noch mehr Abrufe betrachten.
Wo es um den Gesamtbetrag der Einkünfte geht, wird die Abgeltungsteuer zum Einfallstor für Abrufe. So
müssen Sie etwa bei einer außergewöhnlichen Belastung alle erzielten Erträge präzise offenlegen. Als
Unternehmer oder Freiberufler sind Sie dem Abruf Ihrer Stammdaten besonders ausgesetzt.
Sollten Sie von diesem Verfahren betroffen werden, sind Ihre Rechtsschutzmöglichkeiten äußert
bescheiden. Sie könnten lediglich im Nachhinein darauf verweisen, dass Sie freiwillig Auskunft gegeben
hätten. Bei Abfragen ohne für Sie nachteilige Folgen erfahren Sie möglicherweise überhaupt nichts davon.
(Der Deutsche Wirtschaftsbrief 29/2007)
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Bei Investments lassen sich Anleger mitunter
zu sehr von Fantasien blenden. Doch nicht alles, was mit „…-Fantasie“ beginnt, muss auch fantastisch
enden. Siehe die jüngsten Flops an der Wiener Börse mit Ost-, Luft- oder Energie-Fantasien.
Langfristig entscheidend ist die Gesamtkostenbelastung. Dabei sind die sog. Ausgabeaufschläge noch
lange nicht alles. Denn ein Ausgabeaufschlag von beispielsweise fünf Prozent ergibt, auf eine Laufzeit
von angenommen zehn Jahre gerechnet, „nur“ eine Renditeschmälerung von einem halben Prozentpunkt. Viel
gravierender wirken sich da schon die jährlich anfallenden internen Kosten des Fonds aus, die sich meist
versteckt im manchmal mehrere hundert Seiten dicken Prospekt finden – wenn´s hoch her geht nur in
Englisch. Das Research-Haus Fitzrovia errechnete unlängst, dass bei einer angenommenen Rendite von sieben
Prozent der Anstieg der Gesamtkosten eines Fonds von ein auf drei Prozent zu einer Reduktion des
Anlageergebnisses um rund ein Drittel führt.
In Hausse-Zeiten wird vieles überdeckt. Wenn
zweistellige Kurssteigerungen (scheinbar!) zum Naturgesetz werden, merken die Anleger nicht, was ihnen
eigentlich an Zusätzlichem entgeht, denn unterm Strich bleibt ja immer noch ein Plus übrig. Bei den
jüngsten Emissionen waren interne Kosten von bis zu fünf Prozent keine Seltenheit. An fantasievollen
Bezeichnungen mangelte es dabei nicht, wie etwa „Management Fee“, „Lizenzgebühr“, „Placement-Provision“,
„Market-Making-Vergütung“, „Garantieentgelt“, usw., usf.
In Baisse-Zeiten sieht es für
Fondsanleger jedoch doppelt schlimm aus. Nicht nur, dass die Portfolios durch die Kursentwicklungen an
Wert verlieren, hängen ihnen die internen Fixkosten wie ein Klotz am Bein.
Was des einen
Leid, ist des anderen Freud: Fondsmanagement bzw. Emissionsinstitut sind vertraglich zumeist so
abgesichert, dass sie in guten wie in schlechten Zeiten auf ihre Rechnung kommen.
ein paar lockere Zeilen zum teils
eigenartigen Verhältnis von Analysten und Vorständen: Die Universität von Michigan, die Sie als Anleger
schon durch das monatlich ermittelte US-Verbrauchervertrauen kennen, hat nun noch anderweitig
zugeschlagen: Zwei Drittel der Aktien-Analysten bekommen von Vorstandsmitgliedern regelmäßig wichtige
Nachrichten zu den Unternehmen, die sie einschätzungsmäßig zu betreuen haben sozusagen zugesteckt. Das
wäre an sich nichts Außergewöhnliches. Wenn da nicht die Zutaten wären, vor allem wenn es um schlechte
News geht. Bei rückläufigen Gewinnen zum Beispiel, seien die Vorstände zu den Analysten immer besonders
nett und zeigten sich sehr bemüht, heißt es. Auch Geschenke, sogenannte Favors, werden in diesem
Zusammenhang verteilt. Von früher her kennt man zum Beispiel die Praxis etlicher Minengesellschaften, die
Analysten bei den Meetings ordentlich abzufüllen, um sich anschließend im Rotlicht-Milieu auszutoben. Wer
will da hinterher schon etwas Schlechtes schreiben.Vielleicht weiß man gar nicht mehr so genau, was im
einzelnen so alles vorgefallen ist.
Eine Reihe gezielt platzierter Geschenke/Favors
jedenfalls können negative Nachrichten angeblich so gut einfärben, dass sie beim Lesen noch ganz proper
aussehen, weil der Analyst sich halt geschmeichelt fühlt. Dabei unterbleiben oft auch die berüchtigten
Herabstufungen, die für plötzliche und herbe Kursrückgänge sorgen. In rund 50% der untersuchten Fälle
soll das so passiert sein. Mit anderen Worten: Trotz rückläufiger Gewinne wurden in der Hälfte der Fälle
die sonst unumgänglichen Herabstufungen nicht vorgenommen. Bevorzugte Empfänger waren, wie könnte es
anders sein, jene Analysten, auf die die Anlegerschar auch hört, darunter offenbar bekannte Namen bei den
renommierten Investmentbanken, die jeder von uns kennt.
Die Symbiose sei aber durchaus auch
von Nutzen, sagt die Uni Michigan. Denn die Vorstände zeigten damit ihr Bemühen, den Aktienkurs
hochzuhalten. Und für die Karriere eines Analysten sind nicht zuletzt möglichst gute Kontakte zu den
Bossen der Wirtschaft entscheidend. Schließlich sind auch nicht alle Nachrichten schlecht. Und wenn sich
frische Informationen bewahrheiten und dem Anlegervolk Kursgewinne einbringen, dann freuen sich alle. Die
Studie wertete drei Fragerunden aus, die zwischen 2001 und 2003 an 4500 Analysten verschickt worden
waren. Ebenfalls befragt wurden die Vorstände diverser Unternehmen. Die Uni Michigan sieht darin einen
Akt „sozialer Interaktion“ zweier Gruppen, die aufeinder angewiesen sind, zu deutsch: Man spricht
miteinander.
Andererseits machen sich Analysten überall unbeliebt, wenn sie allzu deutlich
ihre schlechte Meinung von einem Unternehmen kundtun. Der Unternehmens-Vorstand ruft dann in der Bank an
und sagt zum Bankenvorstand: Der Bub oder das Mädel hat keine Ahnung und wir ziehen unser Konto bei ihrer
Bank ab, habe die Ehre. Der arme Analyst bekommt intern also Ärger. In Deutschland sind dazu etliche
Fälle durch die Presse gegangen, auch bei Münchner Banken. Und draußen muss der Arme ab sofort um seine
Informationen kämpfen, sie schneien nicht mehr wie von selbst herein. Da wird man als Analyst schon
vorsichtig.
Die Verlierer aber sind die Anleger, erklärt die Universität, weil die
Objektivität verloren gehe. Wenn die schlechte Nachricht unverfälscht herauskommt, was eines Tages
unvermeidlich ist, geht die Aktie garantiert auf Talfahrt. Fazit: Bei Analysen möglichst genau
hinschauen. Und wenn zu viel positive davon am Markt zirkulieren, ist Vorsicht am Platz.
„Schon oft wurde vermutet, dass Analysten ihren eigenen Prognosen viel mehr vertrauen, wenn sie erst
einmal das Management kennengelernt und sich ein persönliches Bild über dessen Qualifikation gemacht
haben. Oft halten sie an dieser Einschätzung fest, auch nachdem die Fakten sie widerlegt haben.“ Dieses
Zitat stammt aus dem neuen Buch „Die besten Anlagestrategien aller Zeiten“, das demnächst im TM
Börsenverlag erscheint.
Erinnern Sie sich noch an das Desaster im Zuge der New Economy? Von
ihren Arbeitgebern, den Banken, wurden die Analysten während des Börsenbooms gedrängt, Studien zu
schönen, um lukratives Geschäft mit den betroffenen Unternehmen an Land zu ziehen. Der damals sehr
bekannte Henry Blodget etwa bezeichnete etliche Internetfirmen in internen E-Mails als "piece of shit"
(Ein Stück Scheiße), die er in seinen Studien jedoch wärmstens zum Kauf empfahl. Kollege Jack Grubman
pries den Telefon-Riesen Worldcom bei Investoren bis kurz vor der Pleite in den höchsten Tönen. Sowohl
Grubman als auch Blodget wurden später gefeuert, mussten saftige Geldstrafen zahlen und erhielten
lebenslanges Berufsverbot an der Wall Street. Dumme oder geschönte Vorhersagen wird es immer geben.
Inzwischen haben die Banken Selbstregulierung gelobt und die Analysten verabschiedeten einen
Ehrenkodex. Jedoch bleiben die Interessenkonflikte. Die US-Aufsichtsbehörde SEC empfiehlt, die Realität
zu beachten. Ganz offen rät sie den Anlegern, immer daran zu denken, dass Analysten keine objektiven
Wahrheiten verkünden. Wir analysieren in unseren Börsenbriefen objektiv und professionell Trends und
Tendenzen. Das zeigt die hervorragende Performance unserer Empfehlungen.
Solang sie mich bei JWD-HVs regelmäßig mit Vöslauer abfüllen und mit
Kaviarbrötchen abspeisen, kommt auch kein kritisches Wort über meine Lippen.
Und wenn ich mal
kritisch werd, krieg ich keine Infos mehr, als Retourkutsche. Sogar falsche Infos schanzen sie mir da
nicht mehr zu
Also liebe Vorstände: Vecernicek analysiert auch hin und wieder! Denkt
daran, wie wichtig er für die Wahrnehmung Eurer Firma in der Öffentlichkeit werden kann! Wenn Ihr also
das nächste Mal einen Firmenwandertag ins Buff plant, nehmt ihn mit!
Hab gehört, bei so
Swingerparties dürfen die überflüssigen Männer den ganzen Tag produktiv an der Budel herumhängen und
essen und trinken, was das Herz begehrt!
Wer da nicht zum Swinger wird, geht hungrig
schlafen.
die Nachricht war ein Knaller: Heute am frühen
Nachmittag gab die US-Notenbank FED die Senkung des Diskontsatzes in den Staaten um 50 Basispunkte auf
5,75 Prozent bekannt. Die Kurse schossen ab: So ging es nach Veröffentlichung der Meldung im DAX
beispielsweise etwa 250 Punkte bzw. rund 3,3 Prozent nach oben. Auch SDAX und MDAX konnten ihre
anfänglichen Verluste in wenigen Minuten in ein Plus wandeln.
Dabei hatten sich die
Marktteilnehmer schon wieder auf einen schwächeren Börsentag eingeschossen. So verloren die Nebenwerte in
SDAX und MDAX heute im Tief bereits erneut über 2 Prozent an Wert.
Sicher – es ist schön, wenn
die Kurse steigen! Dieses Feuerwerk wird allerdings möglicherweise schon bald abgebrannt sein. Dennoch
freut mich der Kurssprung. Ich denke nämlich: FED-Chef Ben Bernanke hat mit seiner Entscheidung wohl
etliche Short-Seller auf dem falschen Fuß erwischt. Geschieht ihnen Recht!
Die Shorties, also
die Leerverkäufer, stören mich gewaltig. Das sind Spekulanten, die durch den Verkauf von Aktien, die sie
gar nicht im Depot haben, auf fallende Kurse eines bestimmten Unternehmens setzen. Der Grundgedanke: Ich
verkaufe eine Aktie leer zu einem hohen Kurs und gleiche diese „Minus-Position“ im Depot später wieder
aus, wenn der Kurs der Aktie gefallen ist. Der Differenzbetrag zwischen dem hohem Kurs beim Leerverkauf
und dem späteren Rückkauf der Aktie bleibt als Gewinn.
Mit diesen Aktionen schaffen es die
Short Seller immer wieder, massiv Druck auf Aktienkurse auszuüben. Kommen beispielsweise leer-verkaufte
Aktien auf den Markt, dann gibt es möglicherweise im Moment keinen Kaufinteressenten dafür. Folge: Der
Kurs fällt solange, bis die Aktie so günstig ist, dass irgendjemand zugreift. Möglicherweise werden
vorher aber zahlreiche Stopp-loss-Orders ausgelöst. Hier kann sich eine Kettenreaktion in Gang setzen,
die oft überhaupt nichts mit der fundamentalen Entwicklung im Unternehmen zu tun hat.
Diese
Auswüchse haben überhaupt nichts mit dem Grundgedanken des Aktienmarktes zu tun. Der ist nämlich nicht,
so schnell und so viel Geld zu raffen, wie es nur geht. Nein! Börse ist ein Platz der Kapitalbeschaffung
für Unternehmen. Die Firmen finanzieren mit der Ausgabe von Aktien ihr künftiges Wachstum und stecken das
am Markt eingesammelte Kapital in Investitionen. Damit schaffen sie Arbeitsplätze. Anleger, die Aktien
bestimmter Firmen kaufen, erwerben dabei einen Anteil am künftigen Gewinn und Wachstum. Es ist dabei
sicher nicht verkehrt, bei der Aktien- bzw. Unternehmenswahl auf die erfolgversprechendsten Titel zu
setzen.
Ich finde es aber schändlich ein Unternehmen als Spielball für die persönliche
Bereicherung zu betrachten! So etwas gibt es übrigens auch außerhalb der Gruppe von Short Sellern.
Beispiel: Die Zahl der „Berufskläger“ gegen Aktiengesellschaften ist nach Angaben von FAZ.net in
den letzten Jahren deutlich gestiegen. FAZ beruft sich dabei auf eine Studie des Rechtswisschenschaftlers
Theodor Baums. Nach dessen Angaben gibt es in Deutschland inzwischen ein eigenes Klagegewerbe mit mehr
als 40 Personen. Der Jurist hat dabei 619 Klagen im elektronischen Bundesanzeiger untersucht und
herausgefunden, dass die Hälfte der Klagen auf nur 11 Personen zurückgeht.
Der Hintergrund
dieser Klagewut ist nicht der Schutz von Aktionärsinteressen oder ähnlichem. Im Gegenteil: Hier scheint
die persönliche Bereicherung im Vordergrund zu stehen. Wie FAZ.net weiter ausführt, richten sich fast
alle Klagen dieser kleinen Gruppe gegen eintragungsbedürftige Beschlüsse. Durch die folgende
Registersperre können so auch Kleinstanleger ein Unternehmen bei wichtigen Geschäften, etwa
Kapitalmaßnahmen, jahrelang blockieren. Das kann teuer werden.
Im Rahmen eines Vergleichs
werden die Klagen deshalb oft zurückgezogen. FAZ.net benennt hier beispielsweise die Zahlung von über
100.000 Euro an die Metropol GmbH des Kölner „Berufsopponenten“ Karl-Walter Freitag durch die Felten &
Guilleaume AG. Interessanterweise hatte die GmbH laut FAZ nur 2 Felten-Aktien in Besitz.
Im
Zusammenhang mit Berufsklägern zählt FAZ.net weitere Namen auf: Darunter Jochen Knoesel, Geschäftsführer
der JKK-Beteiligungs GmbH oder die Pomoschnik Rabotajet GmbH des Berliner Umzugsunternehmers Klaus E.H.
Zapf.
0,0 produzieren und trotzdem dick abräumen und gut leben. Ich frage mich wirklich immer
öfter: Was haben manche Menschen für ein Rechtsempfinden? Da mangelt es ja hinten und vorne!
Oder wie empfinden Sie die Masche solcher Abzocker?
Die Auszahlung vorübergehend zu verweigern ist gesetzlich
gedeckt, wenn ein "Run" auf Fonds größeren Schaden anzurichten droht
- Von Markus
Heidinger
Eine der Hauptbetroffenen der US-Immobilienkrise und der von ihr ausgelösten
Kreditkrise sind Fonds, deren Anlagestrategie auf Investments in Kreditforderungen fokussiert – vor allem
Asset Backed Securitites (ABS), also durch Vermögenswerte wie Hypotheken besicherte Wertpapiere. Laut
Medienberichten haben einige ABS-Wertpapiere in den USA innerhalb weniger Tage Kursverluste von 50
Prozent und mehr hinnehmen müssen. Die daraus resultierenden Wertverluste in den Fondsportfolios und die
erhebliche Verunsicherung privater und institutioneller Anleger können zu einem bedrohlichen "Run"
führen.
So verlangten Investoren bei einem von Frankfurt Trust gemanagten ABS-Fonds mit
einem Volumen von 160 Mio. Euro innerhalb von zwei Wochen die Rückzahlung von 40 Mio. Euro. Dieser Fonds
wurde daraufhin vorläufig geschlossen, ebenso kam es zu vorläufigen Schließungen von
Kreditforderungsfonds durch Sal. Oppenheim, BNP Paribas, Allianz, HSBC, WestLB Mellon und andere. In
Österreich wurde ein einziger Fonds ausgesetzt, in dem ausschließlich Großanleger investiert sind.
Massive Geldabflüsse
Begründet wurden diese Schritte unter anderem damit, dass massive
Geldabflüsse innerhalb kurzer Zeit keine faire Preisbildung erlauben. Durch die vorläufige Schließung
würden Anleger vor Wertvernichtung geschützt und würde die Gefahr weiterer Verunsicherung durch
spekulative Dispositionen verringert.
Solche Maßnahmen sind in Österreich ebenso wie in
Deutschland grundsätzlich gesetzlich gedeckt. Das Bankwesengesetz, dem in Österreich auch
Kapitalanlagegesellschaften unterliegen, sieht im Fall der Krise einer einzelnen Bank ein
Geschäftsaufsichtsverfahren mit Sanierungsmöglichkeiten einschließlich vorübergehender Zahlungssperre
vor. Sind mehrere Banken betroffen, kann die Bundesregierung per Verordnung sogar eine Zahlungssperre
über alle Banken in Österreich oder in einem bestimmten Gebiet erlassen, wenn eine Gefahr für die
Volkswirtschaft besteht. Darüber hinaus ermöglichen im Fondsbereich Sondervorschriften eine
vorübergehende Schließung.
Für österreichische Investmentfonds bestimmt §10 InvFG, dass jeder
Anteilinhaber grundsätzlich jederzeit die Rücknahme und Auszahlung seiner Fondsanteile verlangen kann
(Prinzip des offenen Fonds). Die Auszahlung des Rückgabepreises kann jedoch – bei Verständigung der
Finanzmarktaufsicht – vorübergehend unterbleiben, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Dazu zählen
die Unmöglichkeit der Ermittlung eines Rücknahmepreises wegen Schließung von Börsen oder Devisenmärkten
sowie massive Geldabflüsse durch gehäufte Rücknahmeverlangen von Anlegern. Die vorübergehende
Rücknahmesperre kann ohne feste Zeitvorgabe vom geordneten Verkauf von Vermögenswerten des Fonds und vom
Eingang des Verwertungserlöses anhängig gemacht werden.
Ausländische Fonds werden in
Österreich nur zum öffentlichen Vertrieb zugelassen, wenn die Fondsanteile an einem anerkannten und
geregelten Markt eines OECD-Mitgliedsstaates gehandelt werden und dort verkauft werden können oder die
Anleger das Recht haben, die Rücknahme ihres Fondsanteiles vom Fonds oder einem Dritten zu verlangen (§
25 InvFG).
Immobilienfonds
Bei österreichischen Immobilien-Investmentfonds kann
nach § 11 ImmoInvFG die Auszahlung des Rückgabepreises vorübergehend unterbleiben, wenn außergewöhnliche
Umstände dies im Interesse der Anleger erforderlich machen. Da die Verwertung von Vermögenswerten eines
Immobilienfonds in der Regel erheblich länger als die Verwertung von Wertpapieren dauert, kann die
gesetzlich vorgesehene Frist von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert werden.
All diesen
Regelungen gemeinsam ist der Grundgedanke, dass zum Schutz vor einem "Run", der zu einem
Liquiditätsengpass des Fonds, zur Verwertung von Vermögensgegenständen zur Unzeit und zu einer Schädigung
der verbleibenden Anleger führen könnte, bei außergewöhnlichen Umständen eine vorübergehende
Rücknahmesperre nicht nur zulässig, sondern geboten sein kann. In solchen Situationen überwiegt das
allgemeine Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt sowie das der Anleger in ihrer Gesamtheit
gegenüber dem Interesse einzelner Anleger, ihre Fondsanteile zurückzugeben.
Die Entscheidung
über die Fondssperre ist von Kapitalanlagegesellschaft und Fondsmanager unter eigener sorgfältiger
Verantwortung zu treffen. Eine schuldhaft fehlerhafte Entscheidung kann zu Schadenersatzansprüchen der
Anleger führen. Angesichts der Marktverhältnisse im vergangenen Sommer waren die vorgenommenen Sperren
mit großer Sicherheit berechtigt. Mit weiteren Fondssperren in Österreich rechnet die FMA übrigens nicht.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.89.2007)
-------------------------------------------------------------------------------- Zur Person Dr. Markus Heidinger ist Partner von Wolf Theiss Rechtsanwälte (markus.heidinger@wolftheiss.com).