Bank Austria: Konsumzurückhaltung trotz des realen Kaufkraftanstiegs Seit Juli 2023 steigen die
Kollektivvertragslöhne stärker als die Inflation - Reale Kaufkraft erreichte seit Jahreswechsel 2024/25
weitgehend das Niveau des Jahres 2020
Würden sich Verbraucherinnen und Verbraucher beim Konsum
weniger zurückhalten, könnte heuer der dritte BIP-Rückgang in Folge verhindert werden, so die Bank
Austria. Kaufkraft wäre genug vorhanden, denn die Verluste wegen der hohen Inflation der vergangenen
Jahre seien durch die Lohnanstiege weitgehend ausgeglichen. Wobei das nicht für alle Berufe gelte, in der
Energieversorgung, der Verwaltung und bei manchen Dienstleistungen gebe es aber bereits reale
Kaufkraftzuwächse. "Im Verlauf des Jahres 2025 wird der Anstieg der Tariflöhne dafür sorgen, dass im
Durchschnitt sowie voraussichtlich in fast allen Hauptgruppen die reale Kaufkraft des Jahres 2020 wieder
vollständig erreicht werden wird", heißt es im "UniCredit Bank Austria-Konjunkturindikator". Die
wiedergewonnene Kaufkraft habe sich 2024 bereits in einem Anstieg der Sparquote gezeigt.
Bis
Mitte 2023 Reallohnverluste
Ein Blick zurück zeige, dass im Oktober 2022 der Reallohn gemessen
an der Entwicklung der Kollektivlöhne und den Verbraucherpreisen nur noch bei 91 Prozent des
Jahresdurchschnitts 2020 lag. "Ab Herbst 2022 verringerten sich die realen Lohneinbußen schrittweise mit
der sich verlangsamenden Inflation. Bis zum Einsetzen der Trendumkehr Mitte 2023, waren die Tariflöhne 28
Monate in Folge geringer als die Inflation gestiegen", so das Bankinstitut am Dienstag in einer
Aussendung. Seit Juli 2023 würden die Kollektivvertragslöhne stärker als die Inflation steigen.
"Somit gibt es mittlerweile seit 21 Monaten kontinuierlich Reallohnzuwächse. In diesem Zeitraum haben
die Zuwächse nunmehr die vorherigen Einbußen beinahe ausgeglichen. Die reale Kaufkraft in Österreich
erreicht seit dem Jahreswechsel 2024/25 weitgehend wieder das Niveau des Jahres 2020. Im Jahresverlauf
2025 erwarten wir einen Rückgang der Inflation auf durchschnittlich 2,5 Prozent. Angesichts eines
erwarteten Anstiegs der Tariflöhne um durchschnittlich 3,9 Prozent wird sich 2025 der Anstieg der realen
Kaufkraft fortsetzen und das Niveau, das vor dem Beginn des Inflationsschocks vorlag, sogar übertreffen",
meinte dazu UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Gesundheitswesen hinkt bei
Einkommen hinterher
Wobei, nicht für alle sind die Aussichten so gut. Denn nicht alle
Lohnabschlüsse waren gleich hoch und zum selben Zeitpunkt. "Die Momentaufnahme zum Ende des ersten
Quartals 2025 weist somit gewisse Verzerrungen auf", räumen die Analysten ein. In sechs Sparten hätten
die Bediensteten bereits reale Kaufkraftgewinne erzielt, dazu zählen unter anderem die Energieversorgung,
die öffentliche Verwaltung und die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (vor allem
Gebäudereiniger, Sicherheitsdienste und Leiharbeiter).
"In der Mehrzahl der
Wirtschaftssektoren hinken die Lohnanhebungen der Inflation kumuliert seit 2020 allerdings noch
hinterher. Insbesondere im Finanzdienstleistungssektor, der Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie dem
Gesundheits- und Sozialwesen haben die Bediensteten bisher noch keine vollständige Kompensation der
Inflation erhalten. Auch in der Herstellung von Waren haben die Bediensteten aktuell noch
Kaufkrafteinbußen", so Pudschedl. So liege der Anstieg der Tariflöhne in der KFZ-Herstellung, im
Maschinenbau und der Metallverarbeitung noch um mehr als zwei Prozentpunkte unter jenem der allgemeinen
Verbraucherpreise.
Kaufkraftverlust bei hohen Pensionen
Noch trüber sieht es für
Pensionistinnen und Pensionisten aus. Deren Pensionsanhebungen seit dem Beginn des Inflationsschocks
werden noch unter dem Ausmaß der Teuerung bleiben. "Allerdings ist der Rückstand gegenüber dem realen
Kaufkraftniveau von 2020 mit 0,9 Prozentpunkten gering", rechnen die Analysten vor. Zudem seien die
Anhebungen der Pensionen in einigen Jahren nicht ausschließlich entsprechend dem errechneten
Anpassungsfaktor erfolgt. "Durch Direktzahlungen und eine stärkere Anhebung wurden kleine und mittlere
Pensionen meist begünstigt, so dass bei diesen Pensionen der Anstieg der allgemeinen Verbraucherpreise
überkompensiert wurde. Dagegen ist durch diverse Deckelungen bei den Anhebungen der Kaufkraftverlust für
die Bezieher von höheren Pensionen überdurchschnittlich größer", berichtet die Bank Austria.
Das hinterlässt Spuren bei der Konsumfreudigkeit. 2023 sank der private Konsum real um 0,5 Prozent.
2024 stagnierte der Konsum. "Während die Schwäche des Konsums 2023 noch durch die verringerte reale
Kaufkraft infolge des Inflationsschocks erklärbar war, gilt dieses Argument nicht mehr für die
Entwicklung im Jahr 2024. Das verfügbare Einkommen stieg 2024 um real 3,5 Prozent. Das zusätzliche
Einkommen wurde jedoch gespart und nicht dem Konsum zugeführt. Die Sparquote stieg auf 11,7 Prozent. Über
33,7 Mrd. Euro wurden von den heimischen Haushalten 2024 zur Seite gelegt", geben die Analysten zu
bedenken.
Fazit von UniCredit-Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer: "Es liegt in der Hand
der heimischen Konsumenten, den Wirtschaftsmotor anzukurbeln, nachdem durch die US-Zollpolitik und die
schwierige Wettbewerbssituation der heimischen Industrie der Außenhandel vorerst wohl keine positiven
Akzente setzen wird."