OMV-Chef Stern: Gazprom liefert, OMV aber auf Lieferstopp vorbereitet
OMV will
Schadensersatzansprüche mit Zahlungsverpflichtungen gegen Gazprom aufrechnen - Gasflüsse aus Russland
derzeit aufrecht - Nächste Zahlung laut Energieexperten am 20. November fällig
Die OMV erhält
derzeit planmäßig Erdgas vom russischen Gasriesen Gazprom, im Falle eines Lieferstopps sieht sich der
teilstaatliche Energiekonzern aber gut gerüstet. "Die OMV bereitet sich auf das jetzt seit knapp drei
Jahren vor", sagte OMV-Chef Alfred Stern im APA-Gespräch. Am Mittwoch waren dem Konzern im Streit mit
Gazprom mehr als 230 Mio. Euro Schadensersatz zugesprochen worden, die OMV will den Anspruch mit
Zahlungsverpflichtungen an den Gaslieferanten aufrechnen. Die OMV hat mehrere laufende
Schiedsverfahren mit Gazprom, in diesem Streit ging es um unregelmäßige Lieferungen von Gazprom Export
sowie um die gänzliche Einstellung der Lieferungen im September 2022 in Deutschland. Der daraus
entstandene Schaden werde mit den zugesprochenen 230 Mio. Euro plus Zinsen und Kosten zum Großteil
abgedeckt.
"Dieser Schadensersatz wurde uns mit einer schuldbefreienden Wirkung zugesprochen,
das bedeutet, dass wir das aufrechnen können gegen eine ausstehende Zahlungsverpflichtung an die
Gazprom", erklärte Stern. Das will das Unternehmen auch tun. Stern rechnet dadurch mit einem positiven
Einfluss auf den Cashflow und den operativen Gewinn im vierten Quartal 2024.
Ob und wann
Gazprom als Reaktion auf die Verrechnung des Schadenersatzes die Lieferungen einstellen wird, lässt sich
laut Stern schwer vorhersagen. "Ich kann sagen, dass heute die Gasflüsse aufrecht sind, so wie gestern
auch, und es bisher keine Reaktion gegeben hat". Für den Fall eines Lieferstopps sei der Gaskonzern
jedenfalls vorbereitet. "Wir können alle unsere Kunden jederzeit auch mit nicht-russischem Gas
beliefern", betonte der OMV-Chef.
Die OMV bezieht pro Monat etwa 4 bis 5 Terawattstunden (TWh)
Gas aus Russland, die nun zugesprochenen 230 Mio. Euro entsprechen in etwa dieser Menge. Zu den
Zahlungsformalitäten hielt sich der OMV-Chef bedeckt, Energieexperten der österreichischen Energieagentur
und des Datenanalyseunternehmens ICIS sagten, die nächste OMV-Zahlung an Gazprom sei am 20. November
fällig.
Das alternative Gas komme etwa aus Norwegen, teilweise aus eigener Produktion oder in
Form von LNG. Auch die Pipeline-Kapazitäten seien gesichert und die OMV-Speicher in Österreich seien zu
über 90 Prozent gefüllt. Im Fall eines Lieferstopps könne der Energiekonzern sofort darauf zugreifen,
"das war Teil unserer Strategie, dass wir diese Mengen ja bereits heute beziehen, aber nicht langfristig
Lieferverpflichtungen eingegangen sind, das heißt, wir haben das tageweise verfügbar", erklärte Stern.
Zur Frage, ob das Gas aus alternativen Quellen teurer ist als jenes aus Russland, sagte der
OMV-Chef: "Diese Gaslieferverträge sind immer an die Börsenpreise geknüpft", der Preis werde durch
Angebot und Nachfrage bestimmt. "Wenn die Lieferungen ausfallen, wäre kurzfristig zu erwarten, dass es
möglicherweise zu einer Erhöhung der Börsenpreise kommt, weil die Lieferquelle ersetzt werden muss",
sagte Stern, die OMV sei darauf aber mit den Lieferverträgen aus anderen Quellen vorbereitet.
Je nachdem, wie die Gazprom reagiert, könne es zu sogenannten Hedging-Verlusten kommen, die jedoch
"klein sein werden, im Vergleich zu diesen 230 Millionen", so Stern am Donnerstag.
Bei der
Bekanntgabe ihres Quartalsergebnisses Ende Oktober hatte die OMV erklärt, dass die finanziellen
Auswirkungen im Falle eines Lieferausfalls auf eine einmonatige Forward-Hedge-Position begrenzt wären.
Die OMV müsste die monatliche Mengen dann am Spotmarkt kaufen. Bei einer angenommenen Preissteigerung von
5 Euro pro Megawattstunde (MWh) würde sich dies mit 25 Mio. Euro auf das bereinigte CCS-Betriebsergebnis
auswirken.