Erste-Boss Willi Cernko: „Um Gottes Willen, wo bin ich denn da gelandet?“ Der scheidende
Erste-Group-Chef Willi Cernko blickt auf über 40 Jahre im Bankengeschäft zurück und bleibt der Gruppe
weiterhin erhalten.
Interview. Willi Cernko war nicht als Chef der Erste Group geplant. Seine
Amtszeit waren die besten Jahre der Bank. Ein Gespräch über seinen Nachfolger Peter Bosek,
Nationalbankposten, Signa und die Macht der Banken.
Die Presse: Sie haben die Schule
abgebrochen, dann folgten fünf Jahre Bundesheer. Später holten Sie Matura und Ausbildung nach. Was war
für Ihre Karriere wichtiger: der Rebell oder der Pflichtbewusste zu sein?
Willi Cernko: Meine
Mittelschulzeit war geprägt von Auflehnung. Irgendwann habe ich plötzlich Ehrgeiz entwickelt. Auch weil
ich kein abgeschlossenes Studium habe, wurde mir rasch klar: Ich muss einfach besser sein als die
anderen. Die ersten Erfolge kamen zustande, weil diejenigen, die zuerst gefragt wurden, das mit einem
großen Aber versehen haben. Dann bin ich gefragt worden und ich habe einfach Ja gesagt.
In den 1990ern bin ich nach Tschechien, dann nach Slowenien, habe mich viel mit Polen und Ungarn
beschäftigt. Ich habe sehr viel Feuerwehr gespielt und sehr viel Sanierungsarbeit geleistet. Da habe ich
bewiesen, dass ich nicht nur jemand bin, der strategisch denken kann, sondern einer, der die Ärmel
hochkrempelt. Wenn du keinen Stallgeruch hast, machst du es nicht ordentlich. Ich habe im Filialgeschäft
begonnen und wirklich von der Pike auf gelernt. Und ich kann mich an keinen einzigen Tag erinnern, an dem
ich gesagt habe: Verdammt, heute muss ich arbeiten.
Sie haben 1983 bei der Raiffeisenkasse
Obdach-Weißkirchen begonnen.
Im Vorlauf habe ich noch 18 Monate ein Trainingsprogramm bei der
Creditanstalt Salzburg absolviert. Also habe ich 1981 das erste Mal meine Fußabdrücke in einer Bank
hinterlassen.
Angefangen haben Sie noch mit der Schreibmaschine.
Na klar. Und
irgendwann einmal in den 1990er-Jahren sagte ich zu meiner Assistentin: Bitte halte den Gedanken mit der
Schreibmaschine fest. Dann sagte sie zu mir: Willi, wir haben schon lang keine Schreibmaschine mehr. Für
mich war das Einschneidendste das Faxgerät. Mit der Postlaufzeit hat das schon ein bis drei Wochen
gedauert, bis man mit einem Kunden zur Sache gekommen ist. Das Fax hat das erste Mal so richtig Tempo
hineingebracht. Und später natürlich das Internet. Da ist wirklich die Post abgegangen.
Erste-Group-Chef Cernko: „Inflation ist etwas klebriger als erhofft“
Ende Juni übergibt Willi
Cernko die Führung der Erste Group an Peter Bosek. Im Abschiedsinterview verrät der Noch-Vorstandschef,
was er von der Zinsentscheidung der EZB hält, warum eine pendelnde Inflation Gift für die Wirtschaft ist
und das Wohnbaupaket im Föderalismus versickern könnte.
ABSCHIEDSINTERVIEW Erste-Chef Cernko: "Wir Banker sind nichts Besonderes"
Schule und
Studium brach er ab, Chef von Bank Austria und Erste Group wurde er trotzdem. Willibald Cernko über
Finanzkrise, Banker und Wurstverkauf im Kassensaal