OMV-Chef: Nicht Corona, Klimawandel bestimmt langfristige Strategie
Massiver Umsatz- und
Gewinneinbruch im 3. Quartal - Produktion in Libyen wird wieder hochgefahren - Geldstrafe in Polen wegen
Nord Stream 2 "hat keine Rechtsgrundlage"
Die OMV hat wegen des Ölpreisverfalls im Zuge der
Coronakrise auch im dritten Quartal einen massiven Umsatz- und Gewinneinbruch erlitten - allerdings habe
sich das Geschäft bereits etwas erholt und operativ sei man gut unterwegs und generiere einen hohen
Cashflow, betonte OMV-Chef Rainer Seele am Donnerstag im Gespräch mit der APA. Langfristig werde nicht
Covid die Strategie der OMV bestimmen, "ich glaube der Klimawandel wird in unseren Strategiediskussionen
vorrangig sein".
Der Umsatz der OMV brach im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 38 Prozent auf
3,7 Mrd. Euro ein, das operative Ergebnis der Gruppe drehte auf 607 Mio. Euro in die Verlustzone. Das um
Lagerhaltungseffekte bereinigte CCS-Nettoergebnis vor Sondereffekten schmolz um 83 Prozent auf 80 Mio.
Euro zusammen - über neun Monate betrachtet betrug der Rückgang beim CCS-Nettoergebnis vor Sondereffekten
65 Prozent (auf 460 Mio. Euro), das operative Konzernergebnis war mit 463 Mio. Euro negativ. Unterm
Strich musste für die ersten drei Quartale ein Periodenverlust von 468 Mio. Euro verbucht werden, nach
einem Überschuss von 1,689 Mrd. Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
"Im dritten Quartal
haben wir eine deutliche Belebung unseres Geschäfts gesehen", sagte Seele. Der Umsatz sei gegenüber dem
Vorquartal deutlich gestiegen, "das reflektiert eine Erholung insbesondere der Ölpreise. "Wir haben ja 29
Dollar im zweiten Quartal gesehen und 43 Dollar im dritten Quartal."
Das Gasgeschäft, das
Petrochemiegeschäft, die Tankstellen und das Borealis-Geschäft würden sehr stabil laufen. "Das operative
Ergebnis im Upstream-Geschäft war in Q3 nur noch leicht negativ." Das um Lagerbewertungseffekte
bereinigte operative Ergebnis habe sich von 145 Mio. Euro im zweiten Quartal nun auf 317 Mio. Euro mehr
als verdoppelt. Der operative Cashflow habe im zweiten Quartal knapp 500 Mio. Euro betragen, im dritten
Quartal sei er auf 800 Mio. Euro gestiegen. Wegen Corona habe man in beiden Quartalen die Investitionen
zurückgefahren und den Verschuldungsgrad (Gearing) von 21 Prozent im zweiten Quartal auf nun 11 Prozent
gesenkt. "Unser Cashflow-Management funktioniert gut, das ist für mich auch die Entscheidungsgröße."
Dass die OMV cashmäßig gut aufgestellt ist, zeigt sich auch daran, dass die heute abgeschlossene
mehrheitliche Übernahme des Chemiekonzerns Borealis um 3,8 Mrd. Euro entgegen früheren Plänen bereits
jetzt vollständig bezahlt wurde. Finanziert wurde der Deal über die Emission von Anleihen in Höhe von 4,5
Mrd. Euro.
Erst im kommenden Jahr wird der Verkauf der 51-Prozent-Mehrheit der OMV an der Gas
Connect Austria (GCA) abgeschlossen, durch den sich die Verschuldung der OMV um 570 Mio. Euro reduzieren
wird.
Mit der Wertberichtigung in Höhe von 600 Mio. Euro dritten Quartal habe die OMV
nachgeholt, was die Mitbewerber in der Branche bereits im zweiten Quartal getan hätten, nämlich dem
langfristig niedriger erwarteten Ölpreis Rechnung zu tragen. Während man früher den Ölpreis langfristig
bei 75 Dollar gesehen habe, rechne man nun mit 60 bis 65 Dollar. Für heuer erwartet die OMV einen
durchschnittlichen Ölpreis von 40 Dollar und für das nächste Jahr von 50 Dollar - das habe man schon im
ersten Quartal berücksichtigt. Die Wertberichtigung gebe es "rein auf dem Papier, die wirkt sich dann
natürlich so stark auf das berichtete Nettoergebnis aus". Sie betreffe auch nur den Upstream-Bereich, bei
den Raffinerien und beim Chemiegeschäft gebe es keinen Wertberichtigungsbedarf.
Gute
Nachrichten gab es für die OMV zuletzt aus Libyen. "Wir haben seit 11. Oktober die Produktion in Libyen
langsam wieder hochgefahren." Am Mittwoch sei bereits eine erste Öllieferung verkauft worden. "Die
Sicherheitslage in Libyen ist aber nach wie vor fragil und wir müssen abwarten, ob wir dort eine
längerfristig stabile Produktion aufbauen können."
Über die auch gegen die OMV verhängte
Geldstrafe der polnischen Wettbewerbsbehörde im Zusammenhang mit dem Bau der Ostsee-Gaspipeline Nord
Stream 2 zeigte sich Seele "erstaunt", man werde dagegen Einspruch einlegen. Da die Strafe "keine
rechtliche Grundlage" habe, werde man auch keine Rückstellung dafür bilden.
Auch wenn das
OMV-Geschäft derzeit stark von der Corona-Situation beeinflusst wird, werde langfristig nicht Corona,
sondern der Klimawandel die Strategie des Konzerns bestimmen, ist Seele überzeugt. "Covid wird die
Ölnachfrage kurz- und mittelfristig beeinflussen." Die Luftfahrtbranche werde sich nur langsam erholen,
allerdings habe in Europa der Kraftstoffverbrauch bereits im September das Niveau von vor der Coronakrise
erreicht. Insbesondere nach der jüngsten Lockdown-Entscheidung in Deutschland müssten im vierten Quartal
die Absatzvolumina etwas nach unten korrigiert werden, sowohl der Individualverkehr als auch der
Flugverkehr dürften sich reduzieren.