ATX-Vorstandschefs verdienten im Pandemiejahr 2020 deutlich weniger
Nettogewinne brachen um
die Hälfte ein, die Bezüge der Spitzenmanager sanken um 16 Prozent - Unternehmensberater hkp lobt
"Riesenschritt" bei Transparenz von Vergütungsausweisen
Die Corona-Pandemie hat nicht nur die
Gewinne der im Leitindex ATX börsennotierten Unternehmen um gut die Hälfte abstürzen lassen, sondern auch
bei den Bezügen der Topmanager tiefe Spuren hinterlassen. Die Direktvergütungen der Vorstandschefs, also
die Summe aus Grundvergütungen und variablen Vergütungen, ging 2020 um 16,2 Prozent auf durchschnittlich
1,742 Mio. Euro zurück. Das hat der europäische Unternehmensberater hkp für sein jährliches
Vergütungsranking berechnet. Für die 14 Vorstandsvorsitzenden, die bereits 2019 ganzjährig im Amt
waren, sank die durchschnittliche Vergütung um 10,9 Prozent. "Der Rückgang der Vergütungen ist zum einen
darauf zurückzuführen, dass man eine andere Grundgesamtheit hat - wir sind von 19 Vorsitzenden, die 2019
ganzjährig im Amt waren, auf 15 runter", erklärte Michael Kramarsch, Partner der Unternehmensberatung
hkp-Group, im Gespräch mit der APA. Man sehe aber auch, "dass variable Vergütungen, nomen est omen, in
schlechten Jahren auch nach unten ausschlagen, was ja Sinn und Zweck der ganzen Übung ist."
Erstmals habe man die Chance, die einjährige variable und die mehrjährige variable
Vergütung separat darzustellen, weil es die Unternehmen nun konsequent ausweisen würden, sagte
Kramarsch.
Angeführt wird die Liste der Spitzenverdiener unter den ATX-Vorstandschefs diesmal
von Mayr-Melnhof Karton, wo Wilhelm Hörmanseder (11,789 Mio. Euro) die Unternehmensleitung im Frühjahr an
Peter Oswald (4,975 Mio. Euro) übergab. Auf Platz drei rangiert voestalpine-Chef Wolfgang Eder (4,480
Mio. Euro). "Das sind schon Werte, die in Österreich auffallen", sagte Kramarsch. Darin seien aber
besondere Vergütungen im Rahmen des Neuantritts oder des Ausscheidens enthalten. "Dieser Zeitpunkt ist
einer, wo man langjährig tätigen Vorstandschefs, die viel fürs Unternehmen getan haben, noch mal
abschließend etwas Gutes zukommen lassen kann und will, und manchmal vielleicht auch gerechtfertigt." Gut
sei, dass sich jetzt der Aufsichtsrat dafür gegenüber den Aktionären und der Öffentlichkeit rechtfertigen
müsse.
Allerdings müssten solche Abfindungen vorher vereinbart werden und nicht quasi als
Geschenk ohne Gegenleistungen gezahlt werden. "Es war in Österreich nicht ungewöhnlich, dass der
Aufsichtsrat mal locker-flockig Abfindungen und Prämien verteilt. Das ist genau das, was die Aktionäre
und Investoren nicht wollen. Diese rechtsgrundlosen, nicht leistungsbezogenen Tantiemen bzw. Prämien sind
unter extremer Kritik von den Investoren, da werden sich die österreichischen Aufsichtsräte auch
umgewöhnen müssen." Die Auszahlung nicht vereinbarter Prämien sei zwar in Österreich noch nicht
ausjudiziert worden, "aber ich bin der Meinung, dass man sich da der Untreue gefährlich nähert."
Der Gagenkaiser vergangener Jahre, OMV-Chef Rainer Seele, hat 2020 deutlich weniger
verdient und kommt mit 3,949 Mio. Euro diesmal auf Rang vier. Seine Grundvergütung sank im Vergleich zum
Vorjahr aufgrund des Auslaufens seiner Funktionszulage. Seele hatte sich seit Mitte 2019 nach dem Rückzug
von Vorstand Manfred Leitner auch um den Bereich Downstream Marketing & Trading gekümmert, was extra
honoriert wurde. Seine bereinigte Direktvergütung ohne Funktionszulage ging um 28,9 Prozent zurück.
Jahrelang hatte hkp die geringe Transparenz bei den individuellen Vergütungsausweisen der
Unternehmen kritisiert: "Österreichische Vergütungsberichte waren in der Vergangenheit eher ein
Instrument der Transparenzvermeidung", sagte Kramarsch. Das habe sich durch einen neuen rechtlichen
Rahmen geändert, es gebe jetzt mehr Tabellen, Grafiken und Erläuterungen zu den Bemessungsgrundlagen oder
kurz- und langfristigen variablen Vergütungen. "Da haben die Unternehmen des ATX einen Riesenschritt in
eine normale Transparenz gemacht. Sie sind nicht in einem Jahr zu Transparenz-Strebern geworden, aber
sortieren sich international im Mittelfeld ein."
Erste Pay-for-Performance-Betrachtungen seien
nun möglich, und es habe sich gezeigt, dass die Vergütung fast durchgehend mit der
Unternehmensperformance "atme".