Handelsdeal von USA und Mexiko gibt voestalpine Rückenwind Produktionsverlagerung nach Mexiko soll
im Herbst fertig sein - 3.000 Zollausnahmen beantragt
Das neue Handelsabkommen zwischen den
USA und Mexiko lässt den heimischen Stahlkonzern voestalpine aufatmen. "Damit zeigt sich, dass unser
Schritt, die Produktion von den USA teilweise nach Mexiko zu verlagern der richtige war", sagte
Konzernchef Wolfgang Eder in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur
Reuters.
"Wenn jetzt alles, was von Mexiko in die USA geht, nicht mehr beaufschlagt wird, dann
ist das ein positiver Effekt für uns." voestalpine hat wegen der von US-Präsident Donald Trump verhängten
Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlprodukte im Frühjahr begonnen, Teile der Produktion für die
Autoindustrie nach Mexiko zu verlagern. Im Herbst soll der Schritt, der laut Eder relativ einfach
umzusetzen ist, abgeschlossen sein.
Die USA und Mexiko haben sich nach monatelangem Ringen zu
Wochenbeginn auf ein neues Handelsabkommen geeinigt. Teile eines Autos müssen künftig zu 75 Prozent aus
einem der beiden Länder kommen, wenn das Fahrzeug zollfrei handelbar sein soll. Zuvor waren es 62,5
Prozent. Die voestalpine zählt in Mexiko sieben Standorte, an denen vor allem Karosseriebauteile für die
großen deutschen Premium-Automobilhersteller hergestellt werden. Auch die deutschen Autobauer profitieren
von einem reibungslosen Handel zwischen den USA und Mexiko, denn sie verkaufen in Mexiko produzierte
Fahrzeuge auf dem US-Markt. Wie viel die voestalpine durch die Produktionsverlagerung umgehen könne,
wollte Eder nicht beantworten. "Es wäre unseriös, eine Ziffer zu nennen, die Dinge sind viel zu sehr im
Fluss."
Grundsätzlich seien die Auswirkungen der Zölle überschaubar. Maximal 400 Mio. Euro des
1,3 Milliarden Euro schweren US-Geschäfts seien betroffen. voestalpine hat 48 amerikanische Standorte.
Die US-Werke seien von den Zöllen nicht betroffen, da sie als amerikanische Betriebe gelten.
Insgesamt erreichte der Konzern mit weltweit knapp 52.000 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2017/18 einen
Rekordumsatz von 12,9 Mrd. Euro. Bis 2020/21 peilt Eder einen Umsatz von 15 Mrd. Euro an. "Wenn wir in
diesem Jahr gut 13 Milliarden Euro erreichen, sind die 15 Milliarden Euro in zwei Jahren kein
unrealistisches Ziel."
Sorgen bereiten vielmehr die Stahlimporte aus Europa in die USA. Um
weiterhin exportieren zu können, hat voestalpine - wie andere Firmen auch - Zoll-Ausnahmen beantragt, da
etwa bestimmte Spezialstähle in den US-Stahlwerken überhaupt nicht hergestellt würden. "Wir haben 3.000
Ausnahmeanträge gestellt und in den letzten Tagen erste Antworten bekommen", sagte Eder. Von bisher 37
Antworten sei ein Drittel positiv, zwei Drittel negativ. Für allgemeine Rückschlüsse sei es aber noch zu
früh, betonte der Firmenchef. Der 66-Jährige gibt im kommenden Sommer nach 15 Jahren an der Spitze des
Konzerns das Ruder an seinen Vorstandskollegen Herbert Eibensteiner ab, der derzeit die Sparte Stahl
leitet.
Grundsätzlich sei der US-Markt für voestalpine nach wie vor attraktiv. "Die Nachfrage
in den USA nach Autos ist stabil hoch, vor allem nach europäischen Autos", sagte Eder. Anzeichen einer
Abschwächung seien nicht erkennbar. Allerdings müsse man auch sehen, dass es seit vier Jahren nur nach
oben gegangen sei. Die Herausforderung sei derzeit eher, wie man das Wachstum kontrolliert steuern könne.
Die Automotive-Sparte ist mit einem Anteil von 34 Prozent der wichtigste Kundenbereich. Ein Wachstum um
das eine oder andere zusätzliche Prozent sei noch machbar, "massiv höher darf es aber nicht gehen."
Erfreulich sei auch, dass die voestalpine nun eine Größe erreicht habe, um von den US-Riesen beachtet zu
werden. "Die amerikanischen Autohersteller zeigen zunehmendes Interesse, von uns beliefert zu werden".
Ähnliches gelte für chinesische Autobauer.
Zwei neue Werke in Mexiko offiziell eröffnet
- Kapazität der Fabrik in Aguascalientes wird bis 2019 ausgeweitet
Der börsennotierte Linzer
Stahlkonzern voestalpine hat zwei neue Werke für die Autoindustrie in Mexiko am Mittwoch offiziell
eröffnet. Am jüngsten Standort in Aguascalientes soll die Kapazität wegen der hohen Nachfrage bis 2019
noch ausgeweitet werden, kündigte die voestalpine heute (Donnerstag) an. Das Werk in Aguascalientes
wurde auf Grund eines Großauftrages eines Premium-Autobauers im Wert von 600 Mio. Dollar (515 Mio. Euro)
seit 2016 aufgebaut und hat im August 2018 mit der Serienproduktion von Karosserie- und
Strukturkomponenten begonnen. Bisher hat die voestalpine in die Fabrik 15 Mio. Euro investiert. Bis 2019
will man eine ähnliche Summe in den Kapazitätsausbau stecken. Damit werden dort auf einer Gesamtfläche
von 10.000 Quadratmetern rund 80 Leute beschäftigt sein.
Im rund 120 km weiter nördlich
gelegenen Zacatecas stellt die voestalpine bereits seit November 2017 auf über 3.000 Quadratmetern
Rohrkomponenten her, die etwa im Fahrzeugunterbau, in Lenksystemen und der Karosserie verwendet werden.
In Zacatecas sind 40 Leute beschäftigt.
Die voestalpine ist in Mexiko an insgesamt 13
Standorten mit 565 Mitarbeitern vertreten, die im Geschäftsjahr 2017/18 einen Gesamtumsatz von 274 Mio.
Euro erwirtschaftet haben. Neben der Automobilindustrie, die mit über 28 Prozent den größten Anteil des
Umsatzes ausmacht, ist der Konzern hier auch in den Bereichen Bahninfrastruktur und Maschinenbau sowie in
der Energie-, Bau- und Konsumgüterindustrie tätig.
"Vor allem die Nähe zu unseren Kunden sowie
die beeindruckende Nachfrageentwicklung im Land waren entscheidend dafür, unsere Automotive-Aktivitäten
in Mexiko deutlich auszuweiten", sagte Vorstandschef Wolfgang Eder laut Aussendung. "Gleichzeitig
beobachten wir die handelspolitischen Entwicklungen im gesamten NAFTA-Raum sehr genau und können mit den
neuen Standorten noch flexibler als bisher auf die jeweiligen Rahmenbedingungen reagieren." Mögliche
Auswirkungen des anfangs dieser Woche angekündigten neuen Abkommens zwischen USA und Mexiko auf die
Aktivitäten der voestalpine seien derzeit noch nicht abschätzbar.
Voestalpine baute Blechwalzwerk Mürzzuschlag um 15,5 Mio. Euro aus Einziges europäisches
Blechwalzwerk für Titanbleche für Luftfahrtindustrie - Umsatzwachstum angepeilt
Die
Voestalpine hat rund 15,5 Mio. Euro in das Projekt "Pro Plate" des Spezialblech-Walzwerkes im
obersteirischen Mürzzuschlag investiert, wie am Dienstag bei einer Präsentation am Standort bekannt
gegeben wurde. Mit der Investition ist man einziger europäischer Hersteller von Titanblechen, die
besonders in der Luftfahrt gefragt sind. In diesem Bereich will man in den kommenden Jahren wachsen.
Gebaut wurde die neue Anlage hauptsächlich von Mitte Juli bis Mitte August. Bis dahin stand das
Werk, allerdings war es auch Zeit für die Generalrevision der gesamten Anlage. Im Projekt "Pro Plate"
wurden ein neues Walzgerüst - der Umbau einer Trio- auf eine Duowalze, zusätzlich zu den schon
vorhandenen zwei Duowalzen - zwei Wärmebehandlungsöfen, eine Richtmaschine sowie die Modernisierung des
Steuerungsstandes und die Digitalisierung der Arbeits- und Messprozesse finalisiert, sagte
Geschäftsführer Helmut Ponemayer. Die Messungen von Blech-Dicken, Breiten und Konturen erfolgt nun statt
wie früher manuell laser-unterstützt. Das mache ganze neue Qualitätslevel und Marktzugänge möglich.
Voestalpine Böhler Bleche sei einer der weltweit führenden Anbieter von besonders
widerstandsfähigen Blechen, so Konzernchef Franz Rotter. Europaweit sei Mürzzuschlag sogar das einzige
Werk, das Titanbleche für die Luftfahrtindustrie herstellt. Titan hat vor allem wegen seines leichteren
Gewichts Vorteile. "Der Umsatz im Bereich Luftfahrt liegt bei rund zehn Prozent, wir sehen da aber
Wachstumsmöglichkeiten", so Ponemayer. Beliefert werden namhafte Hersteller wie Boeing, Airbus oder
Embraer, geliefert werden Türrahmen für Ladeluken, Landeklappen, Fahrwerksteile, Druckbehälter oder
Triebwerksaufhängungen. Die waren für den alten Airbus A320 noch ganz aus Stahl, nun sind es für die
neuen A320-Typen solche aus Titan. Die Bleche aus Mürzzuschlag - angeboten werden 220 verschiedene
Legierungen - kommen laut Ponemyer auch als Grundstoff für Messer- und Sägeblätter für die Metall- und
Holzverarbeitung, in der Medizintechnik oder im Kunststoffformenbau etwa im Kfz-Bereich zum Einsatz.
"Bei den Titanblechen sagen viele Endkunden, ich will ein europäisches Produkt mit europäischem
Vormaterial etwa aus Frankreich oder Rumänien und mit einer europäischen Wertschöpfungskette", so
Ponemayer. Im Rahmen von "Pro Plate" habe man eine Titan-Richtmaschine und ein Schneidaggregat vom
früheren Hersteller übernommen, der seinen Betrieb einstellte. Bei den Blechen aus Stahl oder Nickel oder
Titan in verschiedenen Legierungen könne man nun mit einer Dicke zwischen 0,8 bis erstmals bis zu 150
Millimeter aufwarten. Der Einsatz reicht von der Flugzeugindustrie bis zu Werkzeugmaschinen und im
Formenbau für die Herstellung von Pet-Flaschen, Bildschirmgehäusen oder Lkw-Motorhauben bis hin zu
chemisch-industrieller Anwendung.
Das Walzwerk mit einem weiteren Warmwalzwerk im nahen
Hönigsberg gehört zusammen mit der Böhler Edelstahl in Kapfenberg zur voestalpine-Division High
Performance Metal. Das Rohmaterial für die beiden obersteirischen Werke kommt zu 80 Prozent von der
Kapfenberger Böhler Edelstahl. Hergestellt werden im Jahr rund 24.000 Tonnen Fertigprodukte von rund 520
Mitarbeitern. Bei den 31.000 Tonnen Vormaterial - zu 80 Prozent aus dem Konzern bzw. von Böhler
Kapfenberg - fielen rund 7.000 Tonnen Abfall an, der komplett wiederverwertet wird. Der Transport
zwischen den Werken erfolgt per Schiene und Lkw. 98 Prozent der Produkte gehen in den Export, 137 Mio.
Euro Umsatz wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr verbucht, von April 2017 bis Ende März 2018. Zur -
offenbar guten - Ertragslage wollte man seitens der Geschäftsführung nichts sagen, zum Auftragsstand
schon eher: "Wir sind auf allen Anlagen gut beschäftigt, wir sehen keine dunklen Wolken. Es läuft sehr,
sehr gut und rund", so Ponemayer auf Befragen. Der größte Markt sei die EU und da wiederum
Deutschland.
Mitarbeiter würden stetig gesucht, in den vergangenen Jahren wurde um 30 bis 40
Beschäftigte aufgestockt. "Allerdings suchen wir keine einfachen Walzhelfer mehr, sondern Operateure
hochkomplexer Anlagen", so Ponemayer. Gesucht würden vor allem sogenannte betriebsnahe IT-Kräfte, aber
auch Metallverarbeiter. Das Einzugsgebiet der Beschäftigten reiche bis nach Niederösterreich, in den Raum
Wiener Neustadt. Frauen sind in der Produktion eher noch selten anzutreffen, zwei Damen arbeiten hier.