Verbund setzt verstärkt auf Speicher - Strompreise erholen sich etwas Noch Platz für neue
Pumpspeicher - Kalorische Anlagen als Netz-"Feuerwehr": Längere Kontrakte nötig, sonst schließen
Kraftwerke - Raus aus Kohle in Deutschland brächte höhere Strompreise
Der Verbund, Österreichs
größter Stromkonzern, setzt künftig verstärkt auf Speicher, um Stromangebot und Nachfrage besser in
Einklang zu bringen. Das betreffe Pumpspeicher, Batterien und neue Technologien, so GD Wolfgang
Anzengruber am Montag. Auch Stromtankstellen würden Stromspeicher vorgeschaltet sein, so Anzengruber, der
bei wirksamen Anreizen noch immer 100.000 E-Autos 2020 für möglich hält.
Für eine
Dekarbonisierung des Mobilitäts- und Wärmesektors könne Elektrizität eine große Rolle zur Substituierung
anderer Energieträger spielen - im Verkehr seien das im wesentlichen Pkw, kaum aber Schwer-Lkw, für die
wohl Wasserstoff wegen der höheren Energiedichte die Lösung sein werde. Das Pumpspeicher-Potenzial in
Österreich sei noch nicht voll ausgereizt. Der Verbund selbst verfüge hier aktuell über mehr als 2.000 MW
Leistung. Wegen gesunkener Kosten würden zusätzliche 1.000 MW nicht mehr auf eine Milliarde Euro wie vor
eineinhalb Jahren, sondern nur mehr auf 600 bis 700 Mio. Euro kommen, so Anzengruber im Klub der
Wirtschaftspublizisten. "Einige tausend Megawatt, also ein paar Gigawatt, brauchen wir da schon in
Österreich."
Der Verbund selbst sei mit seinem Erzeugungs-Mix gut aufgestellt, 95 bis 96
Prozent des Stroms erzeuge man CO2-frei. Lediglich zwei kalorische Anlagen betreibe der Verbund noch: das
Kohlekraftwerk Mellach, das 2019 außer Betrieb gehen werde, und das Gaskraftwerk Mellach, das deutlich
weniger CO2 ausstoße als die Kohleanlage und als "Feuerwehr" eingesetzt werde - um zur Netzstabilisierung
benötigte Leistung zur Verfügung zu stellen. Dem Verbund brächten solche "Feuerwehr-Aktionen" freilich
auch "zusätzliche Ertragspotenziale", so Anzengruber. Bis auf 55 Tage habe heuer von Jänner bis Oktober
jeden Tag mehr oder weniger stark per Engpassmanagement eingegriffen werden müssen, um die Versorgung in
Österreich aufrecht halten zu können. Die Schwierigkeiten gebe es vor allem aufgrund des schwankenden
Stromangebots aus Erneuerbarer Erzeugung.
In dem Zusammenhang erhofft sich Anzengruber
möglichst rasch neue Verträge für den Abruf kalorischer Kraftwerksleistung. Bis Weihnachten sollte
zumindest ein Modus für die Zeit bis über den kommenden Sommer fixiert werden, bis zum ersten Quartal
oder dem ersten Halbjahr 2018 aber eine mehrjährige Kontrahierung stehen, sonst würden kalorische Blöcke
geschlossen, warnte er. Man könne nicht Gas für fünf Jahre kaufen, ehe man wisse, ob eine Anlage benötigt
werde. Ohne mehrjährige Kontrahierung könnten thermische Erzeugungen "weg" sein, also geschlossen werden,
warnte er. Die jetzige Kontrahierung läuft bis April 2018.
Benötigt würden laut Fachleuten
2.800 bis 2.900 MW. Jetzt werde dazu eine Studie als Grundlage der Ausschreibung erstellt. Der Rahmen
werde vom Regulator E-Control festgelegt, dann sei die Verbund-Netztochter APG mit ihrer Ausschreibung am
Wort. Die billigsten Anbieter würden genommen, bis genug Engpassleistung da sei." Im letzten Winter hat
die Vereinbarung 2.400 MW vorgesehen, für den bevorstehenden Winter 2.900 MW. Leistungsabrufe würden etwa
deutsche Stromhändler veranlassen, wenn es zu wenig grenzüberschreitende Kapazität von dort nach
Österreich gebe. Per künstlichem Engpass solle diese Kapazität an der Landesgrenze ja mit Oktober 2018
auf 5.900 MW eingeengt werden, obwohl es technisch 10.000 MW Kapazität gebe, kritisierte der Chef des
größten heimischen Stromkonzerns: "Deshalb sind wir dagegen Sturm gelaufen." Aus seiner Sicht hätte es
andere Lösungen gegeben, wiewohl freilich auch die Geld kosten würden.
Durch das künstliche
Auftrennen der gemeinsamen Strompreiszone mit Oktober 2018 seien die Forward-Preise für 2019 in
Österreich schon um rund 6 Prozent oder 2,50 Euro/MWh über das deutsche Großhandelspreisniveau gestiegen,
etwa im erwarteten Rahmen. Der Markt Österreich werde "durch höhere Preise beeinträchtigt", so
Anzengruber. Sein Unternehmen profitiere unterm Strich kaum von diesem Anstieg der Preise, denn man
müsste im Gegenzug auch eigene Stromprodukte in Deutschland anpassen.
Von einer Regelung über
einen Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung, wie sie von einer Jamaika-Regierung in Deutschland unter
Beteiligung der Grünen erwartet worden war, hätte ein Strompreis-Anstieg erwartet werden können, je nach
konkretem Zeitplan, so Anzengruber nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche in Berlin. Laut Think-Tank
Agora würde Deutschland ein Braunkohle-Aus bis 2040 rund 17 Mrd. Euro kosten, die
Erneuerbaren-Subventionierung via EEG koste aber jährlich 27 Mrd. Euro.
Die
Strom-Großhandelspreise, die im Februar 2016 bis auf ein Tief von 20 Euro pro Megawattstunde (MWh)
abgesackt waren, sieht der Verbund-Chef mittlerweile etwas auf Erholungskurs - sie lägen in einer
Größenordnung von 30 bis 32 Euro/MWh und hätten sich damit "etwas erfangen". Die Forwards würden bis 35
Euro/MWh gehen, "wir waren aber schon beim Doppelten".
Ein Raus aus der Kohle, die in
Deutschland 40 Prozent der Stromerzeugung bestreite (großteils mit Braunkohle), bzw. Anreize für
Investitionen in CO2-arme Technologien, werde es wohl nur bei höheren CO2-Preisen geben, ein echter
Energieträger-Switch finde überhaupt erst bei 30 bis 40 Euro/Tonne CO2 statt. Nach 5 Euro/t im Vorjahr
habe sich der CO2-Preis auf rund 7 Euro/t erholt, liege aber weit weg von den 30 Euro 2013/14. Um die
Verschmutzungsrechte im Emissionshandel (ETS) zu verteuern, schwebe Brüssel ein stärkeres Beseitigen
freier Zertifikate vor, und das EU-Parlament wolle, dass ab 2020 nur noch Kraftwerke mit unter 550 Gramm
CO2-Emission je kWh gebaut werden dürfen, Kohle liege bei 1.100 g, die Gasanlage Mellach unter 550 g.
Verbund und BIG sollen zur Staatsholding ÖBIB kommen - Zeitung Laut "Presse" soll staatliche
Beteiligungsholding zudem von Schwarz-Blau aufgewertet werden: Umwandlung von GmbH in AG sowie
"Österreich-Fonds" für Standort-Investments geplant
Die staatliche Beteiligungsholding ÖBIB,
die frühere ÖIAG, soll einem Zeitungsbericht zufolge von der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung umstrukturiert
werden und dabei auch die Verantwortung für Österreichs größten Stromkonzern, den börsennotierten
Verbund, sowie für die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) erhalten. Das berichtet "Die Presse"
(Mittwochausgabe).
Neben OMV, Post, Telekom Austria oder Casinos sollen künftig auch diese
beiden Unternehmen unter dem Dach der Staatsholding Platz finden, die zudem aufgewertet werden solle,
heißt es. Erster Schritt sei die Auflösung der GmbH-Konstruktion der ÖBIB und die Rückkehr zu einer AG.
Für "sinnvolle" Investments der Dividenden, die der ÖBIB von ihren Beteiligungen zufließen, sei eine Art
"Österreich-Fonds" geplant, der die Rendite der Staatsfirmen in den Standort Österreich reinvestieren und
Anteile an strategisch wichtigen Unternehmen kaufen könnte.
Die politische Verantwortung solle
in ÖVP-Hand bleiben, allerdings vom Finanz- ins Wirtschaftsministerium wandern, falls diese beiden
Ressorts nicht ohnedies zu einem Superministerium fusioniert würden. Für die Bundesbahnen (ÖBB) und die
Autobahngesellschaft Asfinag ändere sich nichts, sie blieben dem Infrastrukturministerium unterstellt.
In den vergangenen Jahren war immer wieder politisch diskutiert worden, das Portfolio der
Staatsholding etwa um den Verbund zu erweitern oder auch eigene Holdings für Energie oder Infrastruktur
zu formieren. Am Verbund hält die Republik 51 Prozent, die BIG gehört ihr zur Gänze. An börsennotierten
Gesellschaften ist die ÖBIB an der OMV (31,5 Prozent), der Österreichischen Post AG (52,85 Prozent) und
der Telekom Austria (28,42 Prozent) beteiligt.