Verbund nach 3 Quartalen: Gewinn sank, Jahresprognose leicht erhöht Konzernergebnis nach drei
Quartalen wegen Einmaleffekten und niedrigerer Wasserführung um ein Fünftel auf 269,5 Mio. Euro gesunken
- Für 2017 nun 320 (300) Mio Euro Konzernergebnis erwartet
Der Stromkonzern Verbund hat in den
ersten drei Quartalen wegen des Wegfalls von positiven Einmaleffekten aus dem Vorjahr sowie der
geringeren Wasserführung weniger Gewinn erzielt. Die Prognose für das Gesamtjahr wird leicht
angehoben.
Operativ fiel das EBITDA um 18,1 Prozent auf 663,5 Mio. Euro. Das Konzernergebnis
sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Fünftel (minus 20,7 Prozent) auf 269,5 Mio. Euro, teilte der
Verbund am Mittwoch mit. Bereinigt um Einmaleffekte verringerte sich das EBITDA moderater um 5,0 Prozent
auf 663,5 Mio. Euro, das bereinigte Konzernergebnis sank um 8,8 Prozent auf 252,1 Mio. Euro. Der Umsatz
stieg um 1,8 Prozent auf 2,17 Mrd. Euro.
Das rückläufige Ergebnis in den ersten drei Quartalen
führt der Verbund insbesondere auf das deutlich schwächere Ergebnis im Segment Netz und die
unterdurchschnittliche Wasserführung zurück. Die Wasserführung der Flüsse lag mit einem
Erzeugungskoeffizienten von 0,94 um 7 Prozentpunkte unter dem Wert des Vorjahreszeitraums und um 6
Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Erzeugung aus Wasserkraft sank um 1.360 GWh. Insgesamt
war die Eigenerzeugung mit 24.785 GWh um 1,2 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs.
Bei der thermischen Erzeugung konnten höhere Deckungsbeiträge aus dem Engpassmanagementeinsatz
des Gaskraftwerks Mellach erzielt werden, das EBITDA sei aber dennoch gesunken, weil das
Vorjahresergebnis von sonstigen betrieblichen Erträgen aus der Bereinigung offener Themen zwischen
Verbund und EconGas GmbH geprägt war. Positiv auf das Ergebnis wirkten höhere Beiträge aus den
Flexibilitätsprodukten, die Maßnahmen der thermischen Restrukturierung sowie der Kostensenkungs- und
Effizienzsteigerungsprogramme.
Für das Gesamtjahr erwartet der Verbund auf Basis einer
durchschnittlichen Wasserführung und eines durchschnittlichen Winddargebots im vierten Quartal
unverändert ein EBITDA von rund 830 Mio. Euro. Die Prognose für das (unbereinigte) Konzernergebnis wird
angehoben: Der Verbund rechnet aufgrund der im dritten Quartal berücksichtigten Einmaleffekte im
thermischen Bereich nun mit 320 Mio. Euro, zuvor waren rund 300 Mio. Euro erwartet worden. Die geplante
Ausschüttungsquote für 2017 wird weiterhin mit 40 bis 45 Prozent des um Einmaleffekte bereinigten
Konzernergebnisses in Höhe von rund 300 Mio. Euro erwartet.
Verbund erzeugte in den ersten drei Quartalen etwas weniger Strom Schwache Wasserführung der Flüsse
drückte Wasserkrafterzeugung um 5,7 Prozent - Preiserholung am Energiemarkt
Der Verbund hat in
den ersten drei Quartalen 2017 insgesamt um 1,2 Prozent weniger Strom erzeugt. Wegen der schwachen
Wasserführung der Flüsse ging die Erzeugung aus Wasserkraft zurück. Zugelegt haben die Stromproduktion
aus Wind und Sonne sowie die thermische Erzeugung. Am Energiemarkt habe sich im dritten Quartal eine
Preiserholung gezeigt, teilte der Verbund am Mittwoch mit.
Die Stromgroßhandelspreise an der
Strombörse EEX seien in den vergangenen Monaten insbesondere aufgrund gestiegener Steinkohle- und
CO2-Preise gestiegen. Dabei hätten die höheren Kohleimporte Chinas und die aktuell diskutierte Reform des
Emissionshandelssystems zu einer höheren CO2-Preiserwartung geführt.
Der Verbund fokussiere
sich in seiner Strategie auf die Kernmärkte in Österreich und Deutschland. Mit Grünstrom- und
Flexibilitätsprodukten auf Basis des flexibel einsetzbaren Kraftwerksparks mit Pump-, Speicherkraftwerken
und dem Gas-Kombikraftwerk im steirischen Mellach leiste der Verbund einen wichtigen Beitrag, um die
steigenden Volatilitäten im Netz auszugleichen und die Versorgungssicherheit in Österreich zu
gewährleisten.
Die Eigenerzeugung des Verbund ging in den ersten drei Quartalen insgesamt um
1,2 Prozent auf 24.785 Gigawattstunden (GWh) zurück. Dabei gab es bei der Wasserkraft einen Rückgang um
1.360 GWh bzw. 5,7 Prozent auf 22.437 GWh, geht aus dem Quartalsbericht hervor. Der Erzeugungskoeffizient
der Laufwasserkraftwerke lag mit 0,94 um 7 Prozentpunkte unter dem Vergleichswert des Vorjahres und um 6
Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Windkraft- und Photovoltaikanlagen erzeugten mit 680 GWh
um 16,4 Prozent mehr Strom, vor allem wegen des höheren Windaufkommens in Rumänien.
Die
Erzeugung aus Wärmekraft stieg um 960 auf 1.667 GWh. Das Gaskraftwerk Mellach produzierte - bedingt durch
den im Vergleich zum Vorjahr erhöhten Einsatz für das Engpassmanagement zur Stabilisierung der Stromnetze
- um 892 GWh mehr Strom. Mit dem deutschen Übertragungsnetzbetreiber TenneT sei eine Linie des
Gas-Kombikraftwerks Mellach zur Deckung des Reservekraftwerksbedarfs für den Winter 2017/18 kontrahiert
worden, heißt es im Zwischenbericht. Darüber hinaus stellten die kürzlich beschlossene Ökostrom- und
ElWOG-Novelle einen wichtigen ersten Schritt dar, um die Einführung einer langfristigen Netzreserve zur
Stabilisierung der Netze zu ermöglichen.
Der Stromabsatz stieg um 3,8 Prozent auf 44.161 GWh.
Die Zahl der Privatkunden betrug per Ende September 428.000. Der durchschnittliche
betriebswirtschaftliche Personalstand betrug 2.829 Mitarbeiter, ein Minus von 3,6 Prozent. Der
Nettoverschuldungsgrad lag per Ende September 2017 bei 52,7 Prozent, nach 58,3 Prozent zu Jahresende
2016.
Ergebnis für das 3. Quartal 2017 leicht über den Erwartungen
Das Verbund-Ergebnis für das 3.
Quartal zeigte im Vergleich zur Vorjahresperiode einen leichten Rückgang des bereinigten EBITDA von -0,2%
auf EUR 247,6 Mio. und lag damit 3,6% über dem Konsensus. Positiv wirkten die abermals gestiegenen Erlöse
aus Flexibilitätsprodukten, insbesondere aus dem Engpassmanagement und die Auswirkungen der
Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme der letzten Jahre. Das EBIT lag im 3. Quartal
dank einer Wertaufholung von EUR 23 Mio. im Gas-Kombikraftwerk Mellach mit EUR 186,2 Mio. (-32% im
Vergleich zum Vorjahresquartal) rd. 19% über dem Konsensus. Die Wasserführung lag in den Quartalen
1–3/2017 um 6% unter dem langjährigen Durchschnitt, im 3. Quartal mit einem Erzeugungskoeffizienten von
1,07 jedoch darüber (3Q16: 1,05). Ergebnisausblick für 2017 aufgrund der im Quartal 3/2017
berücksichtigten Einmaleffekte im thermischen Bereich angepasst: EBITDA unverändert rd. EUR 830 Mio.,
Konzernergebnis rd. EUR 320 Mio. (angehoben von ursprünglich EUR 300 Mio.), bereinigtes Konzernergebnis
rund EUR 300 Mio.. Die Dividendenauszahlungsquote von 40-45% wurde bestätigt.
Ausblick
Die Q3-Zahlen liegen im Großen und Ganzen, abgesehen von dem Einmaleffekt aus einer Wertaufholung
im Gas-Kombikraftwerk Mellach im Rahmen unserer Erwartungen. Wir bleiben bei unserer Halten- Empfehlung,
da die Bewertung auf Sicht der kommenden 2 Jahre nicht mehr günstig erscheint.
Anzengruber: Speicher werden Gamechanger der nächsten Jahrzehnte AR-Chef Roiss: Solar und Wind schon
beinahe marktfähig, bei Batterien wird es noch dauern - Verbund-CEO: Europa könnte bei Digitalisierung
der Energiewirtschaft führende Rolle spielen
Bei der Entwicklung im Bereich der erneuerbaren
Energien droht Europa ins Hintertreffen zu geraten. "Das Thema Photovoltaik ist von China und Südostasien
besetzt, bei der Speichertechnologie sind die USA vorne", sagte Verbund-Generaldirektor Wolfgang
Anzengruber am Montag bei einem Pressegespräch. Wo Europa noch eine Chance habe vorne mitzuspielen, sei
die Digitalisierung der Energieversorgung.
"Wo wir heute noch vorne sind, das ist die
Versorgungsqualität, da ist Europa sicher Spitze in der Welt." Im Bereich der Energieeffizienz und
Integration der verschiedenen Systeme könnte Europa eine führende Rolle spielen, "da ist das Feld noch
offen, da können wir jetzt auch reingehen. Digitalisierung wäre so eine Chance, in diese Integration
reinzukommen", sagte Anzengruber im Vorfeld der Präsentation des "World Energy Outlook" der
Internationalen Energieagentur (IEA).
Hier sieht Anzengruber in der Zukunft auch eine Chance
für den Verbund. "Eines, was wir sehr gut können: Wir können Energiesysteme gut managen. Da haben wir
sehr viel Wissen und Erfahrung." Man werde auch in Österreich mit Pumpspeichern alleine nicht auskommen,
sondern auch andere Energiespeicher brauchen, etwa für die Elektromobilität. Diese Lösungen "kann man
dann über das Land hinaus skalieren", und zwar nicht nur in Europa, sondern auch global.
Speicher seien überhaupt das "Missing Link" für den Durchbruch der erneuerbaren Energien, sagte
Verbund-Aufsichtsratschef Gerhard Roiss. Bei Windkraft sei man im Offshore-Bereich schon marktfähig,
vereinzelt auch bei Onshore-Projekten. "Mit den preiswerten Solarpanelen aus China sind wir auch sehr
nahe daran, marktfähig zu sein." Der "Pferdefuß" sei aber die Tatsache, dass man mit Öl, Kohle oder Gas
dann produzieren könne, wenn Strom benötigt werde, während etwa ein Flusskraftwerk die gleiche Leistung
tagein, tagaus erbringe.
China habe bewusst die strategische Entscheidung für Solarpanele und
Elektromobilität getroffen und sich damit eine Vorreiterrolle gesichert, erklärte Roiss. Die Bedeutung
der Elektromobilität könne man ermessen, wenn man sich vor Augen halte, dass etwa in den USA 28 Prozent
des Energiebedarfs vom Verkehr verursacht würden. Daher würden die Batterien als Kostenfaktor eine große
Rolle spielen. "Da ist viel passiert in den letzten Jahren. Die Lithium-Ionen-Batterie wird allmählich
wettbewerbsfähig, aber den Durchbruch erreichen Sie mit Lithium-Ionen nicht." Man werde Speicher "nicht
nur im Auto, sondern auch im Keller" brauchen. Während aber Solar und Wind nahe an der Marktreife seien,
sei man bei den Batterien noch weiter davon entfernt.
"Die Speicherkapazitäten werden der
Gamechanger der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein", sagte Anzengruber. Man erlebe dort derzeit eine
enorme Kostendegression. "Wir erleben dort etwas Ähnliches wie wir es in der Mikroelektronik bei den
Speicherchips gesehen haben: Die Leistungen und Speicherkapazitäten verdoppeln sich, die Preise halbieren
sich."
Beim Thema Mobilität dürfte der Trend zum Elektroauto nicht mehr zu stoppen sein, sind
sich die Energiemanager einig. Wasserstoff könnte wegen der höheren Energiedichte vielleicht bei Lkw oder
im Schiffsverkehr eine Rolle spielen, aber bei Pkw hätten die Elektrofahrzeuge klar die Nase vorn. Das
liege auch daran, dass sich der riesige Markt China entschieden habe, auf Elektromobilität zu setzen "und
nicht dort, wo andere schon seit Jahrzehnten forschen", sagte Roiss.
Österreichs größter Energiekonzern Verbund hofft
auch in den kommenden Jahren auf stabile Einnahmen aus dem Geschäft mit der Stabilisierung des deutschen
Stromnetzes.
Trotz der 2018 geplanten Begrenzung des Stromverkaufs zwischen Deutschland und
Österreich werde das millionenschwere Geschäft mit dem Ausgleich und der Stabilisierung der Netze nicht
deutlich zurückgehen, kündigte Verbund-Finanzchef Peter Kollmann am Dienstag in einem Interview mit der
Nachrichtenagentur Reuters an. Begründet wurde dies von dem ehemaligen Merril-Lynch-Banker mit den
fehlenden Leitungen in Deutschland, um den Windstrom vom Norden des Landes in den Süden zu
transportieren. "Viele rechnen damit, dass es bis zu zehn Jahre dauern wird, dass die Netze in
Deutschland auf eine Art und Weise synchronisiert sind, dass sie mit der enormen Produktion im Norden und
der starken Nachfrage im Süden umgehen können", sagte Kollmann.
Verbund-Chef erhofft bald neue Kraftwerks-Kontrahierungsverträge Zunächst bis über Sommer 2018, dann
aber mehrjährige Lösung - Kritik an Grenz-Engpass ab Oktober: Höhere Austro-Strompreise kommen -Deutsches
Braunkohle-Aus würde Preisniveau steigen lassen
Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber erhofft sich
möglichst rasch neue Verträge für den Abruf kalorischer Kraftwerksleistung zur Stromnetz-Stabilisierung.
Bis Weihnachten sollte zumindest ein Modus bis über den Sommer fixiert werden, bis zum ersten Quartal
oder dem ersten Halbjahr 2018 aber eine mehrjährige Kontrahierung stehen, sonst würden kalorische Blöcke
geschlossen, sagte Anzengruber am Montag.
Der jetzige Vertrag zum Abruf kalorischer
Stromleistung, auch aus dem steirischen Verbund-Gaskraftwerk Mellach, läuft im April 2018 aus. Gebe es
keine mehrjährige Kontrahierung, könnten thermische Erzeugungsanlagen "weg" sein, also geschlossen
werden, warnte der Verbund-Generaldirektor im Klub der Wirtschaftspublizisten. Außer Mellach stünden noch
die Wiener Kraftwerke in Simmering, Theiß von der EVN sowie Timelkam und Dürnrohr zur Verfügung. In Summe
verfügen diese Anlagen über eine Kraftwerksleistung von rund 5.000 MW, so Anzengruber.
Benötigt würden schätzungsweise voraussichtlich 2.800 bis 2.900 MW, "sagen Fachleute". Insgesamt rede
man wohl über ein Volumen von bis zu 3.000 MW. Jetzt werde einmal eine Studie erstellt, die die Grundlage
für die Ausschreibung bilden solle. Erst müsse der Regulator E-Control den Rahmen festlegen, dann sei die
APG mit ihrer Ausschreibung am Wort. Anzengruber: "Die billigsten Anbieter werden dann genommen, bis
genug Engpassleistung da ist." Im letzten Winter hat die Vereinbarung 2.400 MW vorgesehen, für den
bevorstehenden Winter 2.900 MW.
Hauptabnehmer seien der österreichische Markt bzw. der
heimische Kunde. Konkret würden etwa deutsche Stromhändler einen Leistungsabruf veranlassen, wenn sie
nach Österreich Strom liefern wollten, es aber etwa zu wenig grenzüberschreitende Kapazität gebe. Per
künstlichem Engpass an der Landesgrenze soll ja diese Kapazität mit Oktober 2018 auf 5.900 MW eingeengt
werden, obwohl es technisch 10.000 MW Kapazität gebe, kritisierte der Chef des größten heimischen
Stromkonzerns. Es hätte andere Lösungen gegeben, wiewohl auch die Geld kosten würden.
Durch
das künstliche Auftrennen des gemeinsamen deutsch-österreichischen Strommarkts mit Oktober 2018 sehen die
Forward-Preise für 2019 in Österreich bereits um rund 6 Prozent oder 2,50 Euro/MWh über das deutsche
Niveau der Großhandelspreise gestiegen. Ein Plus von sechs, sieben Prozent sei auch in etwa die
Erwartungshaltung des Verbund gewesen. Der Markt Österreich werde aber "durch höhere Preise dann
beeinträchtigt", so Anzengruber. Sein Unternehmen profitiere unterm Strich kaum von diesem Anstieg der
Preise. Grundsätzlichen seien für den Verbund höhere Preise zwar positiv, doch müsste man diesfalls auch
wieder eigene Stromprodukte in Deutschland anpassen.
Von einer Regelung über einen Ausstieg
aus der Braunkohle-Verstromung, wie sie die Grünen für die neue deutsche Bundesregierung angepeilt haben,
hätte ein Anstieg der Strompreis erwartet werden können, je nach konkretem Zeitplan, so Anzengruber nach
dem Scheitern der Jamaika-Sondierungsgespräche vergangene Nacht in Berlin. Laut Think-Tank Agora würde
ein Braunkohle-Aus bis 2040 Deutschland 17 Mrd. Euro kosten - die Subventionierung der Erneuerbaren
Energien über das EEG koste unser Nachbarland jedoch pro Jahr 27 Mrd. Euro, so Anzengruber.
Verbund setzt verstärkt auf Speicher - Strompreise erholen sich etwas Noch Platz für neue
Pumpspeicher - Kalorische Anlagen als Netz-"Feuerwehr": Längere Kontrakte nötig, sonst schließen
Kraftwerke - Raus aus Kohle in Deutschland brächte höhere Strompreise
Der Verbund, Österreichs
größter Stromkonzern, setzt künftig verstärkt auf Speicher, um Stromangebot und Nachfrage besser in
Einklang zu bringen. Das betreffe Pumpspeicher, Batterien und neue Technologien, so GD Wolfgang
Anzengruber am Montag. Auch Stromtankstellen würden Stromspeicher vorgeschaltet sein, so Anzengruber, der
bei wirksamen Anreizen noch immer 100.000 E-Autos 2020 für möglich hält.
Für eine
Dekarbonisierung des Mobilitäts- und Wärmesektors könne Elektrizität eine große Rolle zur Substituierung
anderer Energieträger spielen - im Verkehr seien das im wesentlichen Pkw, kaum aber Schwer-Lkw, für die
wohl Wasserstoff wegen der höheren Energiedichte die Lösung sein werde. Das Pumpspeicher-Potenzial in
Österreich sei noch nicht voll ausgereizt. Der Verbund selbst verfüge hier aktuell über mehr als 2.000 MW
Leistung. Wegen gesunkener Kosten würden zusätzliche 1.000 MW nicht mehr auf eine Milliarde Euro wie vor
eineinhalb Jahren, sondern nur mehr auf 600 bis 700 Mio. Euro kommen, so Anzengruber im Klub der
Wirtschaftspublizisten. "Einige tausend Megawatt, also ein paar Gigawatt, brauchen wir da schon in
Österreich."
Der Verbund selbst sei mit seinem Erzeugungs-Mix gut aufgestellt, 95 bis 96
Prozent des Stroms erzeuge man CO2-frei. Lediglich zwei kalorische Anlagen betreibe der Verbund noch: das
Kohlekraftwerk Mellach, das 2019 außer Betrieb gehen werde, und das Gaskraftwerk Mellach, das deutlich
weniger CO2 ausstoße als die Kohleanlage und als "Feuerwehr" eingesetzt werde - um zur Netzstabilisierung
benötigte Leistung zur Verfügung zu stellen. Dem Verbund brächten solche "Feuerwehr-Aktionen" freilich
auch "zusätzliche Ertragspotenziale", so Anzengruber. Bis auf 55 Tage habe heuer von Jänner bis Oktober
jeden Tag mehr oder weniger stark per Engpassmanagement eingegriffen werden müssen, um die Versorgung in
Österreich aufrecht halten zu können. Die Schwierigkeiten gebe es vor allem aufgrund des schwankenden
Stromangebots aus Erneuerbarer Erzeugung.
In dem Zusammenhang erhofft sich Anzengruber
möglichst rasch neue Verträge für den Abruf kalorischer Kraftwerksleistung. Bis Weihnachten sollte
zumindest ein Modus für die Zeit bis über den kommenden Sommer fixiert werden, bis zum ersten Quartal
oder dem ersten Halbjahr 2018 aber eine mehrjährige Kontrahierung stehen, sonst würden kalorische Blöcke
geschlossen, warnte er. Man könne nicht Gas für fünf Jahre kaufen, ehe man wisse, ob eine Anlage benötigt
werde. Ohne mehrjährige Kontrahierung könnten thermische Erzeugungen "weg" sein, also geschlossen werden,
warnte er. Die jetzige Kontrahierung läuft bis April 2018.
Benötigt würden laut Fachleuten
2.800 bis 2.900 MW. Jetzt werde dazu eine Studie als Grundlage der Ausschreibung erstellt. Der Rahmen
werde vom Regulator E-Control festgelegt, dann sei die Verbund-Netztochter APG mit ihrer Ausschreibung am
Wort. Die billigsten Anbieter würden genommen, bis genug Engpassleistung da sei." Im letzten Winter hat
die Vereinbarung 2.400 MW vorgesehen, für den bevorstehenden Winter 2.900 MW. Leistungsabrufe würden etwa
deutsche Stromhändler veranlassen, wenn es zu wenig grenzüberschreitende Kapazität von dort nach
Österreich gebe. Per künstlichem Engpass solle diese Kapazität an der Landesgrenze ja mit Oktober 2018
auf 5.900 MW eingeengt werden, obwohl es technisch 10.000 MW Kapazität gebe, kritisierte der Chef des
größten heimischen Stromkonzerns: "Deshalb sind wir dagegen Sturm gelaufen." Aus seiner Sicht hätte es
andere Lösungen gegeben, wiewohl freilich auch die Geld kosten würden.
Durch das künstliche
Auftrennen der gemeinsamen Strompreiszone mit Oktober 2018 seien die Forward-Preise für 2019 in
Österreich schon um rund 6 Prozent oder 2,50 Euro/MWh über das deutsche Großhandelspreisniveau gestiegen,
etwa im erwarteten Rahmen. Der Markt Österreich werde "durch höhere Preise beeinträchtigt", so
Anzengruber. Sein Unternehmen profitiere unterm Strich kaum von diesem Anstieg der Preise, denn man
müsste im Gegenzug auch eigene Stromprodukte in Deutschland anpassen.
Von einer Regelung über
einen Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung, wie sie von einer Jamaika-Regierung in Deutschland unter
Beteiligung der Grünen erwartet worden war, hätte ein Strompreis-Anstieg erwartet werden können, je nach
konkretem Zeitplan, so Anzengruber nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche in Berlin. Laut Think-Tank
Agora würde Deutschland ein Braunkohle-Aus bis 2040 rund 17 Mrd. Euro kosten, die
Erneuerbaren-Subventionierung via EEG koste aber jährlich 27 Mrd. Euro.
Die
Strom-Großhandelspreise, die im Februar 2016 bis auf ein Tief von 20 Euro pro Megawattstunde (MWh)
abgesackt waren, sieht der Verbund-Chef mittlerweile etwas auf Erholungskurs - sie lägen in einer
Größenordnung von 30 bis 32 Euro/MWh und hätten sich damit "etwas erfangen". Die Forwards würden bis 35
Euro/MWh gehen, "wir waren aber schon beim Doppelten".
Ein Raus aus der Kohle, die in
Deutschland 40 Prozent der Stromerzeugung bestreite (großteils mit Braunkohle), bzw. Anreize für
Investitionen in CO2-arme Technologien, werde es wohl nur bei höheren CO2-Preisen geben, ein echter
Energieträger-Switch finde überhaupt erst bei 30 bis 40 Euro/Tonne CO2 statt. Nach 5 Euro/t im Vorjahr
habe sich der CO2-Preis auf rund 7 Euro/t erholt, liege aber weit weg von den 30 Euro 2013/14. Um die
Verschmutzungsrechte im Emissionshandel (ETS) zu verteuern, schwebe Brüssel ein stärkeres Beseitigen
freier Zertifikate vor, und das EU-Parlament wolle, dass ab 2020 nur noch Kraftwerke mit unter 550 Gramm
CO2-Emission je kWh gebaut werden dürfen, Kohle liege bei 1.100 g, die Gasanlage Mellach unter 550 g.
Verbund und BIG sollen zur Staatsholding ÖBIB kommen - Zeitung Laut "Presse" soll staatliche
Beteiligungsholding zudem von Schwarz-Blau aufgewertet werden: Umwandlung von GmbH in AG sowie
"Österreich-Fonds" für Standort-Investments geplant
Die staatliche Beteiligungsholding ÖBIB,
die frühere ÖIAG, soll einem Zeitungsbericht zufolge von der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung umstrukturiert
werden und dabei auch die Verantwortung für Österreichs größten Stromkonzern, den börsennotierten
Verbund, sowie für die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) erhalten. Das berichtet "Die Presse"
(Mittwochausgabe).
Neben OMV, Post, Telekom Austria oder Casinos sollen künftig auch diese
beiden Unternehmen unter dem Dach der Staatsholding Platz finden, die zudem aufgewertet werden solle,
heißt es. Erster Schritt sei die Auflösung der GmbH-Konstruktion der ÖBIB und die Rückkehr zu einer AG.
Für "sinnvolle" Investments der Dividenden, die der ÖBIB von ihren Beteiligungen zufließen, sei eine Art
"Österreich-Fonds" geplant, der die Rendite der Staatsfirmen in den Standort Österreich reinvestieren und
Anteile an strategisch wichtigen Unternehmen kaufen könnte.
Die politische Verantwortung solle
in ÖVP-Hand bleiben, allerdings vom Finanz- ins Wirtschaftsministerium wandern, falls diese beiden
Ressorts nicht ohnedies zu einem Superministerium fusioniert würden. Für die Bundesbahnen (ÖBB) und die
Autobahngesellschaft Asfinag ändere sich nichts, sie blieben dem Infrastrukturministerium unterstellt.
In den vergangenen Jahren war immer wieder politisch diskutiert worden, das Portfolio der
Staatsholding etwa um den Verbund zu erweitern oder auch eigene Holdings für Energie oder Infrastruktur
zu formieren. Am Verbund hält die Republik 51 Prozent, die BIG gehört ihr zur Gänze. An börsennotierten
Gesellschaften ist die ÖBIB an der OMV (31,5 Prozent), der Österreichischen Post AG (52,85 Prozent) und
der Telekom Austria (28,42 Prozent) beteiligt.