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205716, Auslandsinvestitionen in Osteuropa 2017 nach Kapitalabzügen gesunken
Eingetragen von Warren Buffett, 07.6.18 15:48
Auslandsinvestitionen in Osteuropa 2017 nach Kapitalabzügen gesunken
WIIW: Rückkehr zum Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2015 - Österreich war 2016 drittwichtigster Investor in osteuropäischen EU-Mitgliedsländern und Nummer zwei am Westbalkan

Der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen in Osteuropa ist nach dem Rekordjahr 2016 im Vorjahr nach Kapitalabzügen von Investoren um ein Viertel auf 72 Mrd. Euro zurückgegangen. Dies ist laut WIIW eine Rückkehr zum Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2015. Österreich war 2016 drittwichtigster Investor in den EU-Ländern der Region und Nummer zwei am Westbalkan.
Für heuer und nächstes Jahr erwartet WIIW-Experte Gabor Hunya in Osteuropa ein gleichbleibendes Niveau. Es könnten aber immer wieder Großinvestitionen kommen. Das Wachstum werde in den EU-Mitgliedsländern der Region und am Westbalkan zwar schwächer, aber weiter robust ausfallen.

Die Zuflüsse der ausländischen Direktinvestitionen - eine Nettoberechnung - wurden im Vorjahr in den EU-Mitgliedern (EU-MOE) vor allem durch Verkäufe von ausländischen Vermögenswerten an inländische Investoren verringert. Hunya nannte am Donnerstag in einer Pressekonferenzen als Beispiel Polen, wo die Bank-Austria-Mutter UniCredit ihren Anteil an der Pekao-Bank an die staatliche Versicherung PZU und den Polnischen Entwicklungsfonds verkauft hat. Rückläufig waren die Direktinvestitionen in allen Teilregionen, ausgenommen am Westbalkan.

Einen Aufwärtstrend gab es bei den Neuansiedlungen, allerdings mit geringerem Investitionskapital. Die Neuansiedlungsinvestitionen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa stiegen um 7,4 Prozent. Die Höhe des zugesagten Kapitals sank - nach einer Investitionsspitze 2016 - um 26 Prozent. Gehemmt werden könnten Neuinvestitionen durch den Arbeitskräftemangel in der Region.

Österreich war 2016 bezogen auf den Bestand trotz Rückgängen die Nummer drei unter den Investoren in den EU-Mitgliedern mit einem Anteil von 9,2 Prozent. Am Westbalkan waren die Österreicher mit 11,2 Prozent zweitwichtigster Investor. Der Bestandsrückgang war unter anderem auf die Umschichtung des UniCredit-Osteuropageschäfts von Wien (Bank Austria) nach Mailand zurückzuführen.

Die Investitionen der Österreicher waren aber überdurchschnittlich profitabel. Der Anteil der EU-MOE am österreichischen Direktinvestitionsbestand im Ausland lag bei einem Viertel, der Anteil an den Erträgen bei einem Drittel. Die Erträge entsprächen einem Anteil von 1,2 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP), Österreichs Netto-Beitrag zum EU-Budget bei 0,8 Prozent. Die österreichischen Einzahlungen ins EU-Budget würden zum Teil in Verbesserungen von Infrastruktur und Standortqualität fließen und damit österreichische Investoren bei der Erzielung von Gewinnen unterstützen.

Nummer eins der Herkunftsländer in den EU-Mitgliedern waren die Niederlande, in denen viele Konzerne aus Steueroptimierungsgründen ihren Sitz hätten. Auf Rang zwei lag Deutschland. Relativ hoch ist auch der Anteil von Luxemburg. Betrachtet man jedoch die Herkunftsländer nach Stammhaus - etwa in Tschechien, Polen und Ungarn - liegen Deutschland und die USA weit vorne. In Österreich seien die Unterschiede weniger groß - rund die Hälfte der Direktinvestitionen stammten von österreichischen Firmen.

In den EU-Mitgliedern sowie in der Türkei ging der Zufluss an Direktinvestitionen 2017 um je ein Fünftel zurück, in Russland um ein Drittel. Einen Zuwachs gab es lediglich am Westbalkan mit plus 18 Prozent. In der Türkei sei das Interesse trotz des starken Wirtschaftswachstum geringer, vor allem wegen des wirtschaftspolitischen Umfeldes und der Lira-Abwertungen.

In Russland sei das Jahr 2016 von einem hohen Einmalzufluss im Zuge des Einstiegs von Glencore und Katars Staatsfonds bei Rosneft geprägt gewesen. Wegen der US-Sanktionen müsse sich Russland auf Importsubstitutionen einstellen. Reges Investitionsinteresse gebe es hier aus China. Die Lücke werde von asiatischen Investoren vor allem in der Konsumgüterindustrie geschlossen, nicht aber in der Hochtechnologie für die Ölindustrie.

Begrenzt sei der Spielraum für ausländische Übernahmen in EU-Mitgliedsländern, in denen ausländische Tochtergesellschaften 40 bis 50 Prozent des BIP im Unternehmenssektor erwirtschafteten und auch dort, wo Regierungen nur exportorientierte Investitionen mit Hochtechnologie unterstützten und hinsichtlich Aktivitäten auf den lokalen Märkten der heimische Sektor bevorzugt werde.

Dazu komme die angespannte Lage am Arbeitsmarkt. Es wird nach Ansicht des WIIW schwierig sein, den Beschäftigungsbedarf von 220.000 neuen Arbeitsplätzen zu decken, die durch die 2017 angekündigten Unternehmensansiedlungen geschaffen werden sollen. In Ungarn beispielsweise würden 90 Prozent der potenziellen Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt durch ausländische Neuansiedlungsinvestitionen benötigt, in Tschechien und Polen rund 50 Prozent. Das könnte auch zu stark steigenden Löhnen führen.

Ausländische Direktinvestitionen könnten durch die Arbeitsmarktsituation behindert werden, sofern nicht andere Optionen zum Einsatz kommen wie beispielsweise Automatisierung oder Verlagerungen weiter in den Osten, wobei die Ukraine aber nicht attraktiv genug sei. Die Migration ukrainischer Arbeitskräfte finde bereits statt. Eine Alternative könnte der an freien Arbeitskräften reiche Westbalkan darstellen.
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