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Betreff des ThemasWIIW: Privater Konsum befeuert Konjunktur in Mittel-Osteuropa
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198545, WIIW: Privater Konsum befeuert Konjunktur in Mittel-Osteuropa
Eingetragen von Warren Buffett, 10.11.16 20:06
WIIW: Privater Konsum befeuert Konjunktur in Mittel-Osteuropa
Überraschende These: Arbeitskräftemangel als Wachstumsmotor - Löhne steigen durch sinkende Arbeitslosigkeit - Inflation bleibt gering, weil Produktivität steigt

Die Region Mittel-. Ost- und Südosteuropa wird in den nächsten zwei Jahren wirtschaftlich um rund 3 Prozent pro Jahr wachsen und sich dem westeuropäischen Niveau weiter annähern. "Im Durchschnitt wachsen diese Länder um eineinhalb Prozentpunkte schneller als der Euroraum", sagte der WIIW-Ökonom Vasily Astrov am Donnerstag bei der Präsentation der WIIW-Herbstprognose.
Wachstumsmotor in diesen Ländern sei die starke private Nachfrage infolge steigender Löhne durch eine stark gesunkene Arbeitslosigkeit. "Arbeitskräftemangel als Wachstumsmotor", bringt Astrov seine überraschende These auf den Punkt. "Unsere Studie widerspricht nicht nur der Weltbank, sondern auch dem IWF", räumt Astrov ein und bezieht sich dabei auf Studien, wonach Abwanderung und Arbeitskräftemangel das Wirtschaftswachstum in Zentral- und Osteuropa spürbar bremsen würden. "Es dürfte so sein, dass die Leute ausgewandert sind, die zu Hause ohnehin keinen Job hatten", meint Astrov.
"Star-Performer" unter den Ländern der Region sei derzeit Rumänien, aber auch das Wachstum am Westbalkan bleibe deutlich über 2 Prozent, "was für diese Region ein beachtliches Tempo darstellt". Hauptverantwortlich dafür sei Serbien.
Für die Türkei erwartet das WIIW (Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche) eine "weiche Landung", also eine Wachstumsverlangsamung, wegen der gestiegenen politischen Risiken nach dem gescheiterten Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan.
In den GUS-Ländern Weißrussland, Kasachstan, Russland und Ukraine (formell nicht mehr Teil der GUS) gibt es nach Ansicht der WIIW-Ökonomen auch Anzeichen für eine Stabilisierung.
Wichtigster Wachstumsmotor sei fast überall der private Verbrauch, erklärte Astrov. "Die einzige Ausnahme sind die GUS-Länder, dort bleibt die heimische Nachfrage nach wie vor sehr niedrig. Das ist immer noch der Ausdruck der Währungsabwertungen und der hohen Inflation." Wachstumstreiber in den GUS-Ländern seien die Nettoexporte.
In den anderen Ländern habe der private Konsum stark angezogen, in erster Linie wegen der steigenden Löhne auf Grund einer dramatischen Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt. Typische Beispiele für diese Entwicklung seien Tschechien oder Ungarn. "In Ungarn lag die Arbeitslosigkeit 2013 noch bei 10 Prozent, und heuer erwarten wir weniger als 6 Prozent oder circa 5 Prozent." Andererseits steige die Zahl der offenen Stellen, was wohl daran liege, dass die Arbeitslosen nicht die passenden Qualifikationen hätten (job skills mismatch). Gründe für die Verknappung der Arbeitskräfte seien demographische Entwicklungen und Auswanderung.
Trotz der höheren Löhne sei die Inflation in den meisten Ländern gering. "Manche Länder haben schon seit einiger Zeit eine Deflation", was zunächst paradox erscheine. Zu erklären sei das damit, dass zwar die Löhne stark gestiegen seien, gleichzeitig aber auch die Arbeitsproduktivität. Daher seien die Lohnstückkosten weniger stark gestiegen als die Löhne. Außerdem seien höhere Lohnstückkosten zum größten Teil durch eine Schmälerung der Unternehmensgewinne kompensiert worden.
Die Investitionen entwickeln sich laut WIIW derzeit schwach. Der einzige Grund dafür sei eine vorübergehende Abnahme der EU-Transfers, weil man sich in einer Zwischenphase zwischen zwei EU-Finanzierungsperioden befinde. "Wir rechnen damit, dass es nächstes Jahr oder 2018 zu einer Beschleunigung der Geldflüsse aus Brüssel und dementsprechend auch zu einer Beschleunigung des Investitionswachstums kommen wird."
Für die nächsten zwei Jahre sehen die WIIW-Ökonomen keine großen Risiken für die Mittel- und Osteuropäischen Länder. Auch das Wachstum auf dem Westbalkan soll sich beschleunigen, "aber dort bleiben die relativ schwachen Exportkapazitäten ein großes Problem". Für die GUS wird eine allmähliche Erholung erwartet, "außer in Weißrussland - dort glauben wir, dass es auch nächstes Jahr noch zu einer Rezession kommt".
Die Auswirkungen des Brexit auf Zentral- und Osteuropa werden eher gering sein, meint das WIIW. "Circa 40 oder 50 Prozent der Exporte Großbritanniens gehen in die EU-27, während umgekehrt nur ca. 6 Prozent der EU-27-Exporte nach Großbritannien gehen", sagt WIIW-Volkswirt Robert Stehrer. Mit Zentral- und Osteuropa sei die Verflechtung noch geringer: "2 Prozent der Wertschöpfung oder des Bruttosozialproduktes in der Tschechischen Republik gehen auf die Finalgüter-Nachfrage in Großbritannien zurück." In den anderen Ländern sei dieser Wert noch geringer.
Die Migration nach Großbritannien wäre auch ohne Brexit stark gefallen, seit dem vergangenen Jahr gebe es hier eine Stagnation.
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