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211596, VIG zuversichtlich zu Auto-Geschäft und Lebensversicherungen
Eingetragen von Warren Buffett, 05.9.19 17:46
VIG zuversichtlich zu Auto-Geschäft und Lebensversicherungen
CEO Stadler: Haben keine Freude mit der Niedrigzinspolitik - Zur Pflege Klarheit von der Politik nötig - VIG geht mit Industriegeschäft nach Nordeuropas - Geld für weitere Expansion da

Trotz des in Mittel- und Westeuropa lahmenden Autoneugeschäfts und der Niedrigzinsen, die für die Veranlagung eine Belastung darstellen, ist VIG-Chefin Elisabeth Stadler zuversichtlich zur Kfz-Sparte und auch zu Vorsorgeprodukten. Im CEE-Raum, in dem die VIG stark vertreten ist, gebe es einen Nachholbedarf bei der Erneuerung des Bestands, und sie "sehe absolut kein Ende der Lebensversicherung".

Das Produkt Lebensversicherung habe nach wie vor seine Bedeutung. Die eigene Produktlandschaft habe man angepasst, man biete etwa jetzt u.a. mehr Fondsgebundene Lebensversicherungen an, die bei höherem Risiko auch mehr Ertrag bieten. In der klassischen Lebensversicherung zahle die Branche noch immer zwei bis zweieinhalb Prozent Gesamtverzinsung pro Jahr. "Wo kriegt man das sonst bei einem relativ sicheren Investment?", meinte Stadler.

Im APA-Interview übte die Generaldirektorin der Vienna Insurance Group (VIG) aber auch Kritik: "Wir in der Finanzbranche haben keine Freude mit dieser Niedrigzinspolitik." Sie plädierte für "ein Umfeld mit rational gestalteten Zinsen" anstelle künstlicher Niedrigzinsen. Trotz geringerer Erträge könne aber einzig die Assekuranz garantierte lebenslange Renten gewährleisten. Zudem ließen sich biometrische Risiken wie Todesfall, Invalidität und Pflege abdecken.

Pflegeversicherungsprodukte biete man im Konzern bereits an, sie würden aber noch in sehr geringem Ausmaß gekauft - auch weil die steuerliche, die rechtliche und die Sozialversicherungssituation noch unklar seien. "Wir bräuchten Klarheit von der Politik - wir sind bereit, Produkte zu liefern", verlangte Stadler. Das sollte aber schon "ein größeres Modell" sein, an dessen Erarbeitung alle wichtigen Stakeholder eingebunden sein sollen. Auch beim Thema Pflege sehe sich die Branche nicht als Ersatz zur Sozialversicherung, sondern als sinnvolle Ergänzung. Die frühere Regierung wollte bis Ende 2019 ein Konzept für eine größere Pflege-Reform vorlegen, wegen der Neuwahlen Ende September wird das wohl länger dauern.

Auch für die Kapitalveranlagungen seien die Herausforderungen durch die Niedrigzinsen groß, doch habe man sich darauf eingestellt und diesen Bereich adaptiert. Der Anteil der Staatsanleihen ist tendenziell zurückgegangen. Verstärkt investiere man in Unternehmensanleihen (Corporate Bonds), Darlehen, Immobilien, Aktien, aber auch in Infrastruktur. Gerade Infrastrukturinvestments würden einen relativ sicheren Cashflow und höhere Renditen liefern, sie seien aber sehr komplex und lange illiquid. Die VIG stecke Geld in Bahn- und Straßenprojekte, in Österreich auch in Windkraft und soziale Einrichtungen wie etwa Schulen.

Für den Autoversicherungsmarkt ist Stadler in Summe optimistisch. In der Haftpflicht wachse man im Konzern zweistellig, auch in Kasko sehe man eine deutliche Aufwärtsentwicklung. Auch wenn Österreichs Neuzulassungen rückläufig seien, sehe man doch positiv in die Zukunft; so habe man in Kasko in Österreich in einem gesättigten Markt zuletzt vier Prozent zugelegt. In vielen CEE-Ländern rechne man dagegen mit mehr Neufahrzeugen, weil sich dort die Behaltedauer wie bei uns verringern werde - mit entsprechend früherem Nachkauf hochwertiger Fahrzeuge mit mehr Prämie: "Da ist noch viel Potenzial da für eine Ertragssteigerung." Die VIG sei der größte Kfz-Versicherer, erinnerte Stadler: In den von ihr betreuten Märkten seien insgesamt 95 Millionen Fahrzeuge registriert, jedes zehnte davon - rund 10 Millionen - sei bei der VIG versichert.

Bis "Autonomes Fahren" kommt, werde es noch Jahrzehnte dauern, bis ungefähr 2050, schätzt Stadler. Bis daher werde es von dieser Seite auch noch keine Entlastung bei den Schadensätzen geben. Bis dahin werde es Mischsysteme aus traditionell gelenkten und autonom fahrenden Kfz geben. Die VIG befasse sich intensiv mit der Mobilität der Zukunft, so kooperiere sie etwa in Sachen Motor Strategy Lab mit dem InnovationLab Leipzig.

In Rumänien, wo es früher im Autobereich keine kostendeckenden Prämien für die Assekuranz gegeben habe, sei man jetzt in einer Situation, mit der man halbwegs das Auslangen finden und das Portfolio optimieren könne. Zuletzt habe man freilich in der Kfz-Haftpflicht noch immer eine Combined Ratio - Schäden und Kosten gemessen an den Einnahmen - von 104 Prozent gehabt. Bis die Versicherungsverträge "gedreht" seien, dauere es aber, daher werde 2019 im Autobereich in Rumänien "noch schwierig" sein. Auch versuche man, stärker in Richtung Kasko zu gehen.

Als Gesamtkonzern peilt die VIG eine Senkung ihrer Combined Ratio auf rund 95 Prozent bis 2020 an, dafür sei man auch "weiter auf Kurs", sagte Stadler. Im Halbjahr lag man wegen zusätzlicher Schäden bei 96,4 Prozent, etwa so hoch wie ein Jahr davor. Die Senkung der Quote sei in der aktuellen Zinssituation "immer herausfordernder", weil auch in den Schadensparten die Veranlagungen belastet würden. Deshalb müsse man an der Schaden- und der Kostenseite aufholen und Optimierungen vornehmen. Kosten spare man auch durch die Fusion von Gesellschaften: Seit 2016, unter der Ägide Stadlers, wurden im Konzern schon 11 Gesellschaften zusammengelegt. Man trete weiter mit der Mehrmarkenstrategie, also mit verschiedenen Brands, auf - doch dahinter setze man im Back-office kostensenkende Maßnahmen.
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