Eybl International steht vor Verkauf
05.12.2008 | 18:45 | PETER MARTOS (Die Presse)
Der Autozulieferer aus Krems könnte an slowenische Gruppe gehen. Zum Verkauf stehen jene 85,5 Prozent
der Anteile, die von der Fries-Familienstiftung gehalten werden.
WIEN. „Jedes vierte
europäische Auto hat Eybl drin“, sagte Otto Zwanzigleitner, Vorstandschef des börsenotierten
österreichischen Autozulieferers Eybl International, Mitte November im Gespräch mit der „Presse“. Schon
bald könnte das Kremser Unternehmen zu einer Gruppe gehören, die in jedem zweiten europäischen Auto
„vorkommt“: Zwei internationale Konzerne rittern darum, die Mehrheit an Eybl zu erwerben. Zum Verkauf
stehen jene 85,5 Prozent der Anteile, die von der Fries-Familienstiftung gehalten werden.
Beide Interessenten haben Absichtserklärungen (Memorandum of Understanding – MoU) unterzeichnet, beide
führen gerade eine Due-Diligence-Prüfung durch, beide wollen den Deal noch heuer abschließen. Doch
während Eybl unter Berufung auf die Börsenotierung jeden Kommentar zur Information der „Presse“
verweigert, wollen Branchenkreise schon wissen, welcher Investor siegreich aus dem Kampf hervorgehen
werde: Die slowenische Prevent-Gruppe habe die besseren Chancen. Und dafür gebe es mehrere Gründe.
Erstens sei das Unternehmen mit Hauptsitz in Slovenj Gradec in unmittelbarer Grenznähe „zum
nördlichen Nachbarn Österreich orientiert“. Zweitens habe Prevent die zweite Zentrale in Wolfsburg, also
in „Volkswagenland“, wo auch Eybl stark engagiert sei. Drittens hätten die Slowenen zugesagt, die beiden
Hauptstandorte von Eybl in Krems und Gmünd zu erhalten und sogar weiter auszubauen. Und viertens seien
sie bereit, dafür Investitionen bis zu 20Mio. Euro zu tätigen.
Finanzbedarf bis
20 Mio. Euro
In dieser Größenordnung bewegt sich der Finanzbedarf des nach einem Fast-Zusammenbruch
in Sanierung befindlichen österreichischen Autozulieferers. Magna-Manager Zwanzigleitner war im April als
Sanierer geholt worden. Sein Vorgänger Johannes Elsner, gegen den die Staatsanwaltschaft Krems wegen des
Verdachts der Bilanzfälschung ermittelt, hatte 2007 einen Rekordverlust von 45,9Mio. Euro geschrieben,
der Umsatz war auf 294,1 Mio. Euro zurückgefallen.
Der erste Sanierungsschritt bestand darin,
eine Kapitalerhöhung und einen Schuldenerlass im Gesamtausmaß von 62,4 Mio. Euro zu erreichen. Parallel
dazu wurden in Rumänien und Ungarn bisher etwa 350 Stellen gestrichen, rund 50 Kündigungen in Krems
könnten noch folgen. Damit fiele die Eybl-Belegschaft knapp unter 4000Personen, 650 von ihnen in
Österreich.
Während also die Gegenwart problematisch ist, orientiert sich Eybl für die Zukunft
auf Wachstum. Zwanzigleitner hat nämlich die Weichen für eine Erweiterung der Märkte auf Lastwagen/Busse
sowie den Non-Automotive-Bereich mit Flugzeugen und Eisenbahnen gestellt. „Die Krise ist noch nicht
bewältigt, und wir wissen nicht, wann unsere Großkunden ihre Planungen für 2009 fertigstellen“, sagte
Zwanzigleitner der „Presse“.
Wenn die Sanierung gelinge, habe Eybl Oberwasser, heißt es in
Branchenkreisen: Innerhalb weniger Monate sei für die Zeit ab Ende 2009 Neugeschäft im dreistelligen
Euro-Millionenbereich generiert worden. Bis 2011 soll der Umsatz auf 330 Mio. Euro steigen.
Aber noch greift die Sanierung nicht voll. In den vergangenen Tagen waren Gerüchte kursiert, dass Eybl
neuerlich die Zahlungsunfähigkeit drohe, falls nicht Bund und Land Niederösterreich helfend eingreifen.
Insidern zufolge geht es dabei aber nicht um Geld, sondern um Haftungsübernahmen. Diese seien nötig, um
die potenziellen Investoren zu überzeugen, heißt es. Erst danach könne über den Kaufpreis verhandelt
werden.
Start als städtische Sattlerei
Die Prevent-Gruppe ist aus der 1952
gegründeten städtischen Sattlerei von Slovenj Gradec hervorgegangen. Später kamen neben Arbeitsanzügen
Spritzguss-Bauteile, Jachten sowie Autositze und -bezüge dazu. 1992 wurde der Sitz in Wolfsburg eröffnet,
2005 eine Produktionsanlage in Bosnien-Herzegowina. Das Unternehmen beschäftigt 10.400 Mitarbeiter an 35
Standorten. Ursprünglich auf Leder spezialisiert, könnte Prevent mit der Eybl-Übernahme auch in die
Textilherstellung einsteigen.
Prevent sitzt nicht nur in Wolfsburg direkt neben VW, sondern
ist auch Partner beim Elektro-Kleintransporter EcoCarrier, dessen Serienfertigung ab Jahreswechsel im
VW-Werk bei Sarajewo starten soll.