Stresstest - WU-Pichler gibt Erster "Gut" und RZB noch "befriedigend"
Österreicher unter besonders harten Bedingungen geprüft -
WU-Professor verteidigt Banken-Stresstests: Nicht zahnlos,
nicht alles öffentlich
Weil es im heurigen EU-Bankenstresstest - bis auf
die Krisenbank Monte Paschi - keine Durchfaller gegeben hat, wurde
der Test postwendend als zahnlos kritisiert. Das sieht der Wiener
Wirtschaftsprofessor Stefan Pichler anders. Die EBA-Tester haben
Raiffeisen (RZB) im Schockszenario beim Kapital auf den vorletzten
Platz gereiht. Pichler sieht trotzdem die RZB im Grünen Bereich.
Die Österreicher hatten im Vorfeld über zu harte Bandagen
geklagt. Dass sich die Europäische Bankenaufsicht EBA diesmal
besonders Italien und Osteuropa herausgepickt habe, war nach Ansicht
von Pichler wichtig und richtig. Für Osteuropa wurden zum Teil
doppelt so starke Wachstumseinbrüche simuliert als für den
europäischen Schnitt. Und auch der Markt Österreich selbst ist
härter gestresst worden.
Unter Annahme solcher extremer Schocks habe, so interpretiert das
Pichler, die Erste Group "gut" und die RZB "zufriedenstellend"
abgeschnitten. "Würden alle diese Szenarien eintreten, hätten wir
ein anderes Problem", meint der Wissenschafter. Nicht nur für die
Banken. Zweistellige Rezessionszahlen würden wohl auch politische
Krisen nach sich ziehen.
"Für diese Rechenübung sind alle im grünen Bereich", meinte
Pichler am Samstag zur APA. Die RZB wäre zwar "gerade noch grün",
aber in diesem Szenario schon zufriedenstellend, findet der
WU-Professor.
Der Stresstest sah sich besonders die Folgen von
Wirtschaftskrisen für das Eigenkapital von 51 großen europäischen
Banken an. Die Ergebnisse werden im Herbst in die neuen
Kapitalvorgaben der Aufsichtsbehörden für die einzelnen Banken
einfließen. In der Öffentlichkeit liege der Test-Fokus auf den
Kapitalquoten. Vieles werde sich aber hinter den Kulissen abspielen,
so Pichler. Es gebe hundert Kennzahlen. Der Wissenschafter geht
davon aus, dass den Aufsehern im Test bei Banken durchaus noch
andere Warnsignale "bös ins Auge gestochen" sein können, die für die
Bewertungen relevant sind.
In Deutschland wurde auch am Samstag Kritik an der Übung
geäußert: "EBA und EZB betonen nach der Bekanntgabe der
Stresstestergebnisse die Widerstandsfähigkeit der europäischen
Banken. Da nur sehr spezifische Szenarien getestet wurden, die
wesentliche Risikofaktoren wie die Niedrigzinsphase ausgeblendet
haben, ist diese Aussage zu weitreichend", sagte die Bonner
Wirtschaftsweise Isabel Schnabel in der "Welt". Direkte
regulatorische Auswirkungen habe der Stresstest nicht. So bleibe
intransparent, wie und ob die Ergebnisse in regulatorische
Kapitalanforderungen übersetzt würden. "Ich halte dies für eher
unwahrscheinlich, da die Aufseher - ebenso wie die Politik -
wiederholt betont haben, dass sie die Banken für ausreichend
kapitalisiert halten. Das macht den Stresstest zu einem zahnlosen
Tiger." Die Frage sei nun, wie die Märkte reagieren würden. "Deren
Druck könnte stärker ausfallen als der der Aufseher."
Dieser Schlussfolgerung will Pichler nichts abgewinnen.
Freitagabend hatte der Chef der österreichischen Finanzmarktaufsicht
(FMA), Helmut Ettl, vom "schärfsten Test, den wir je hatten"
gesprochen.
Der Test hat die Folgen eines britischen EU-Austritts noch nicht
erfasst. Das hätte man sich im Licht der letzten Wochen noch
anschauen können, findet Pichler. Das "Brexit"-Thema werde wohl den
nächsten Test beherrschen.
(Schluss) rf/jep
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