Prozess um Investmentbanker - Rechtsanwälte "in einer Art Blutrausch"
Angeklagter nannte überraschend neue Dokumente, die er aber
leider nicht habe - US-Zeugen sollen befragt werden -
Fortsetzung am 14. Juli
Im Betrugsverfahren gegen den Investmentbanker
Michael B. hat der Angeklagte heute im Wiener Straflandesgericht
wenig zur Erhellung beigetragen. "Sie sind sehr vorsichtig bei ihren
Antworten, das fällt mit schon auf", so die vorsitzende Richterin
des Schöffensenats, Caroline Csarmann. Gegen Ende des heutigen
Verhandlungstages wurde es dann aber doch noch emotional.
B. war einmal mehr bemüht, den angeblichen Schaden von 420 Mio.
Euro als falsche Einschätzung eines Gutachters dar zu stellen. Er
sei von mehreren Stellen unter Druck gesetzt worden, Rechtsanwälte
hätten das große Geschäft gewittert, betonte er in seiner
Vernehmung. "Es war eine Art Blutrausch", beschrieb er am Freitag
seine Erfahrungen mit US-Anwälten.
Michael B. wird vorgeworfen, dass er in den USA das große Rad mit
Internetaktien drehen wollte, und als er merkte, dass dies in
schweren Verlusten endet, falsche Angaben gegenüber den Investoren
gemacht zu haben. Deswegen stand er in den USA vor dem Kadi, entzog
sich aber einem Haftantritt durch Flucht. 2007 wurde dann in
Österreich verhaftet. B. bestreitet die Vorwürfe.
B. betonte heute mehrmals, dass es in seinem Fall zahlreiche
Unstimmigkeiten gegeben habe, das haber er selbst recherchiert. So
habe die Masseverwalterin 30 Mio. Dollar "für sich selbst
verbraten". Nach Aufzählung einiger weiterer Beispiele meinte
Richterin Csarmann: "Interessant, was man da alles im Internet
recherchieren kann."
Dass B. von einem Zeugen belastet wurde, der sich in den
Vernehmungen als väterlichen Freund von B. bezeichnet hatte,
erklärte der Investmentbanker so: "Mit einem väterlichen Freund ist
es wie mit einer Ehe, man lebt sich auseinander."
Gegen Ende des heutigen Prozesstages gingen in dem sehr
schleppenden Verfahren die Emotionen doch noch hoch. B. behauptete,
dass es entlastende Unterlagen gebe, die allerdings bei seinem
damaligen Rechtsanwalt lägen, mit dem er keinen Geschäftskontakt
mehr habe. Richterin und Staatsanwaltschaft wollten daraufhin
wissen, warum er bisher diese Unterlagen nie erwähnt hat. Für die
Verteidigung war diese Frage unzulässig, vielmehr stelle sich die
Frage, warum die Staatsanwaltschaft in den zehn Jahren seit der
Festnahme in Österreich nicht alle Akten angefordert habe.
Zeuge wurde heute keiner befragt, allerdings sollen bei der
Prozessfortsetzung Zeugen aus den USA via Videokonferenz geladen
werden. Der Prozess wird am 14. Juli im Wiener Straflandesgericht
fortgesetzt. Unter anderem soll ein Zeuge, wohnhaft in Neuseeland,
gehört werden. Schon zuvor hatte dazu die Richterin gemeint: "Dass
wir noch weiter als nach den USA/Bermuda kommen, wer hätte das
gedacht."
(Schluss) stf/rf