Treichl - "Watschen zahlten sich aus", Dividendenverdopplung in Sicht
Altlasten ausgeräumt, "jetzt haben wir es geschafft" - Ärger
über Stresstest - Mit Kosten/Ertrags-Lage im Inland
unzufrieden - GRAFIK
Mit Milliardenabschreibungen auf Ostkredite und
Banktöchter hat die börsennotierte Erste Group ihre Bilanzen
gesäubert. Zwei Jahre (2011 und 2014) bilanzierte die Bank tiefrot.
Jetzt, im ersten Halbjahr 2016, schrieb sie Rekordgewinn. "Es war
ein harter, langer und schmerzhafter Weg", sagte Konzernchef Andreas
Treichl am Freitag, "aber jetzt haben wir es geschafft".
"Die Watschen, die wir uns abgeholt haben in den letzten Jahren,
haben sich ausgezahlt", meinte Treichl. "Wir haben ordentlich
bereinigt. Es gibt keine Impairments mehr." Die notleidenden Kredite
machten jetzt nur mehr 5,8 Prozent vom gesamten Kreditvolumen aus.
Vor einem halben Jahr waren es noch 7,1 Prozent, und es werde weiter
runtergehen. Einiges an Kreditwertberichtigungen konnte zuletzt
sogar aufgelöst werden.
Es werden mehr Kredite vergeben, und man sehe derzeit keine
besorgniserregenden Ereignisse, die einen dramatischen Anstieg der
Risikokosten befürchten ließen, sagte der Erste-Chef. Dass die Bank
im letzten EU-Bankenstresstest in den Kapitalsimulationen so stark
abgestürzt ist, führt das Management auf unrealistische
Schock-Annahmen zurück.
Aus heutiger Sicht könnte es sich die Erste leisten, für 2016
mehr als doppelt so viel Dividende zu zahlen wie für 2015 - obwohl
wegen hoher Investitionen in die Digitalisierung anders als in den
vergangenen drei Jahren die Kosten heuer und auch 2017 und 2018
anwachsen werden. Treichl berichtete am Freitag bei der
Halbjahrespressekonferenz, man habe vorgesorgt, für 2016 eine
Dividende von 1,10 Euro je Aktie auszahlen zu können.
Fest stehen wird dies aber erst, wenn die Regulatoren im Herbst
die neuen Kapitalvorgaben gemacht haben. Da erwartet die Bank aber
keine großen Änderungen. Für 2015 wurden 50 Cent je Aktie gezahlt.
Ein Ärger für den Erste-Chef war der jüngste Bankenstresstest.
Bei ihren Krisen-Annahmen gerade für Osteuropa hätten sich die
Prüfer nicht mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Region
auseinandergesetzt, so die Kritik. Einen besonders hohen
Kapitalabzug hätte die Erste im Stresstest erfahren, weil
unterstellt wurde, dass ein starker Zinsanstieg nur auf Einlagen,
nicht aber auf Kredite weitergegeben werden könnte. "Sehr
diskussionswürdig", befand die österreichische Großbank, die sich in
Zentral/Osteuropa als eine der einlagenstärksten Banken Europas
betrachtet.
"Extrem verzichtbar" waren für Treichl nach dem Stresstest
außerdem die breite Berichterstattung über eine Kapitalschwäche
österreichischer Banken und "einige Aussagen der Aufseher dazu".
Dass österreichische Politiker nicht für die Banken lobbyiert haben,
stört ihn indes nicht. "Das geht die Politik einen Dreck an." Die
Reduktion der Bankensteuer wird begrüßt. Das beseitige endlich
Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten im Ausland.
Bis Juni wies die Erste trotz eines Rückgangs von 11 Prozent beim
Betriebsergebnis auf 1,33 Mrd. Euro unterm Strich einen historisch
hohen Halbjahresprofit aus. Der Nettogewinn lag mit 841,7 Mio. Euro
um 73 Prozent über Vorjahr. Hauptgrund: Für faule Kredite musste nur
mehr ein Bruchteil der Summen früherer Jahre zurückgelegt werden.
Auch half ein Sondererlös aus dem Verkauf der Visa-Beteiligung.
Die Ceska Sporitelna in Prag hat den Halbjahresgewinn um 15
Prozent auf 287 Mio. Euro erhöht. Der Gewinn der slowakischen
Tochter stieg um fast 50 Prozent auf 133,6 Mio. Euro. Die rumänische
BCR blieb bei 124 Mio. Euro Gewinn stabil. In der Ungarn-Tochter
drehte der frühere Verlust jetzt in einen dreistelligen
Millionengewinn.
Unzufrieden ist der Erste-Chef mit der Kosten/Ertrags-Relation in
Österreich. "Da sind wir zu hoch. Da müssen wir etwas tun." Die
Kosten-Ertrags-Relation habe sich aber in fast allen Ländern
verschlechtert. Bis 2018 werden die Kosten insgesamt aber wachsen,
da gerade viel in die Digitalisierung investiert wird. Das wird in
der Abwicklung im Hintergrund viele Jobs kosten. Wie viele Stellen
abgebaut werden, wurde nicht gesagt.
Kein Bankenproblem mehr, sondern bald ein volkswirtschaftliches
Problem ist für den Erste-Vorstand das anhaltende
Null-/Minuszinsumfeld. Die Kunden hätten auf ihre Einlagen im
wesentlichen keinen Ertrag mehr.
( 0878-16, Format 88 x 84 mm)
(Schluss) rf/sp
ISIN AT0000652011
WEB http://www.erstegroup.com