voestalpine-Ottel: US-Investitionen keine Abkehr von Europa
Produzieren in den USA billiger, Qualität in Europa besser -
Neben US-Spitzentechnologie klafft große Lücke im Handwerk
Der Stahlkonzern voestalpine sieht seine
US-Investitionen nicht als Abkehr vom Standort Österreich und
Europa, erläuterte voestalpine-Finanzvorstand Robert Ottel beim
Finanzsymposium Alpbach am Donnerstag. Es gehe nicht darum, sich von
Europa wegzuwenden. Der Stahlkocher wachse stark und erziele
weiterhin die Mehrheit seiner Umsätze in Europa.
Die USA als Produktionsstandort seien für die voestalpine wegen
der geringeren Energiekosten und der niedrigen Grundstückkosten
attraktiv. Der Grundpreis sei etwa ein Hundertstel vom Preis in
Europa, durch das Schiefergas liege der Gaspreis bei einem Drittel
vom europäischen. Die Produktionskosten seien in den USA also
deutlich günstiger.
Betrachte man aber die industrielle Qualität, so liege der
Standort Europa vorne, resümierte Ottel: "Die industrielle Qualität,
die wir dort bekommen, ist schwer mit Europa zu vergleichen." Das
liege an den Mitarbeitern, die in Europa besser gebildet und
ausgebildet seien. In den USA sei es schwierig, qualifiziertes
Personal zu finden oder auch selber aufzuqualifizieren. Da biete das
europäische Bildungssystem mit der Lehre klare Vorteile.
Andreas Ludwig, Chef der Schalungstechnik- und Ladenbaugruppe
Umdasch, sieht in den USA den Wettbewerb um Wirtschaftsbetriebe
stärker ausgeprägt als in Europa. Dadurch könnten die Unternehmen
auch günstigere Bedingungen heraushandeln. Probleme ortet er bei der
Entsendung von Fachkräften aus Österreich in die USA. Positiv
wiederum sei die größere Begeisterungsfähigkeit in einem
US-amerikanischen Management-Team.
Der US-Chefökonom der deutschen Commerzbank, Bernd Weidensteiner,
ortet in den USA das bessere Eigen-Marketing. "Die Amis können es
halt besser verkaufen", meinte er. Während Europäer oft
herumjammerten, würden US-Amerikaner gleich "die Fahne hissen" und
beseelt von patriotischen Gefühlen die Ärmel aufkrempeln. Dazu komme
die technologische Vorreiterfunktion: Die Zukunftstechnologien der
Welt würden heute in Kalifornien entwickelt. Auch bei der Umsetzung
seien die Amis top: Wenn eine Idee Erfolg verspreche, gebe es sehr
schnell sehr viel Kapital, um den Aufbau in großem Stil zu
finanzieren.
Neben der Spitzentechnologie und den Spitzenleistungen an
Universitäten in der vom Staat und vom Militär finanzierten
Grundlagenforschung klaffe aber eine große Lücke in der Mitte, im
Handwerklichen, gab Ludwig zu bedenken. "Da wird nur das Mindeste
gemacht, dass es funktioniert". Das führe zwar zu mangelnder
Qualität der Produkte und Dienstleistungen, sei aber eben auch
billiger.
(Schluss) gru/jul
ISIN AT0000937503
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